Wie Aristoteles einst sagte, das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Genau dies verkörpern die beiden Architekten Ioannis Piertzovanis und Heinrich Toews. Als sie sich im Studium an der KIT Karlsruhe und an der ETH Zürich kennenlernten, erkannten sie, dass der andere Qualitäten besass, die ihre eigenen ergänzten. Genau dies spürt man auch im Gespräch: Ihre Antworten vervollständigen sich, jeder trägt etwas bei, doch der Dialog ist zugleich ein nahtloses Ganzes, das ganz selbstverständlich entsteht. Ihre Persönlichkeiten seien zwar unterschiedlich, doch beide strebten in ihrem Schaffen nach Schönheit und Stringenz. Es soll etwas Ganzes, Ausgereiftes, Einheitliches entstehen: «Wir wollen das übergreifende Ziel nie aus den Augen verlieren», so Toews, «und dazu braucht es auch die Bereitschaft, Dinge wieder über Bord zu werfen, um eine Idee zu schärfen.»
Auch Vielseitigkeit ist Piertzovanis Toews in ihrem Schaffen ein Anliegen. Sie geniessen es, Projekte in unterschiedlichsten Massstäben anzugehen und jede Aufgabe von Grund auf neu zu betrachten. «Wir finden, man darf auch heutzutage noch Generalist sein und muss sich nicht zwingend spezialisieren.» Der rote Faden in dieser Vielfältigkeit ist eine sorgfältige und durchdachte Herangehensweise, die der Aufgabe angemessen ist. So konnten sie z. B. den Wettbewerb für den Teilersatzneubau des Gesundheitszentrums Bachwiesen in Zürich für sich entscheiden. Ihr Entwurf zeichnet sich durch Loggien aus, die das ganze Gebäude umrahmen und so einen Kreislauf bilden. Dies deshalb, weil die teils dementen Bewohner*innen des Gesundheitszentrums mit Sackgassen aufgrund der mentalen Leistung, die das Umdrehen erfordert, nur schwer umgehen können. Doch auch bei einem viel kleineren Projekt, dem Umbau eines Hinterhauses in Basel, gingen sie mit viel Bedachtsamkeit und Kreativität vor. In Anlehnung an die Geschichte des Gebäudes als ehemalige Maler*innen- und Drechselwerkstatt gestalteten sie einen Schüttstein, der mit Drechselstäben, die in diesem Haus noch bis vor einer Generation hergestellt wurden, geschalt ist. Mit einem Schnitt im Dach und einem Fenster über die gesamte Gebäudelänge gewannen sie mehr Licht und behielten die gesamte Nutzbarkeit der Fläche bei. Als Hommage an die oft als Werkstätten genutzten Hinterhäuser unterstrichen sie mit einem Wellblechdach den gewerblichen Charakter des Gebäudes. Mit dem Projekt wurde das Architekturbüro 2021 mit dem «Kaninchen», dem Senn-Förderpreis für Architektur von der Zeitschrift Hochparterre ausgezeichnet.
Gerade beim Umbauen sei es wichtig, sich genügend Zeit zu nehmen und den Bestand immer wieder anzuschauen. So schält sich im Prozess, in gegenseitiger Kritik und im Dialog mit der Bauherrschaft die treffendste Lösung heraus. «Unsere Aufgabe ist es, die noch nicht einmal bewussten Wünsche der Bauherrschaft herauszuhören und diesen Form zu verleihen.» Idealerweise gestaltet sich der Prozess wie eine Reise, in der Umsetzung bleibt man undogmatisch und offen fürs Umdenken. Das Resultat eines Umbaus soll letztlich eine harmonische Einheit bilden, die weder ohne die alten noch ohne die neuen Elemente auskommt. Ein Ganzes, das eben mehr als seine Teile ist.