Es begann mit einem Zeitungsinserat: Für einen symbolischen Franken wurde in Grabs SG ein historisches Holzhaus angeboten – unter der Bedingung, dass man es abbauen und mitnehmen würde. Das Interesse von Timothy Allen und Ronan Crippa, damals noch Masterstudenten an der ETH Zürich, war geweckt. Im Rahmen einer Vertiefungsarbeit vermassen und analysierten sie den Blockbau, dessen älteste Teile von 1660 datieren. Doch auch die Zukunft des seit Jahrzehnten leer stehenden «Gässlihauses» interessierte sie, nicht nur beruflich als Architekten, sondern auch als Privatpersonen. Beide sind in Grabs aufgewachsen und verfolgen aufmerksam, wie sich ihre Heimat baulich entwickelt: Ein Neubau ist meist das Ideal, dafür wird viel alte Bausubstanz abgebrochen. Und die Orte drohen nach und nach ihre Identität zu verlieren.
Mit ihrer Arbeit zeigen Allen + Crippa, dass es auch anders geht, dass im Gebäudebestand grosses Potenzial steckt, das sich durch Um- und Weiterbauen nutzen lässt. Dabei beschränken sie sich nicht auf historisch wertvolle Gebäude wie das Gässlihaus.
Die jungen Architekten ergreifen auch die Chance, ganz gewöhnliche Bauten weiterzuentwickeln, wie das Einfamilienhaus in Salez, dem sie nach einem Brandschaden ein neues Obergeschoss in Holzrahmenbauweise aufsetzten. Spannende Räume und architektonischer Ausdruck sind für Allen + Crippa keine reine Frage der Formgebung, auch Material und Konstruktion prögen die Atmosphäre in ihren Bauten massgeblich. Das materialgerechte Entwerfen ist ihnen ebenso ein Anliegen wie der rücksichtsvolle Umgang mit dem Bestand und die vertiefte Auseinandersetzung mit diesem. «Ausgiebige Denkarbeit zu Beginn erlaubt es uns, die konkreten Planungen viel zielgerichteter anzugehen und später im Projekt einige Abkürzungen zu nehmen», erläutern die beiden Architekten ihr Vorgehen. Zudem bereichert ein enger Austausch mit der Bauherrschaft ihre Projekte. Als Architekturbüro komme man allerdings oft erst dazu, wenn längst über Abbruch oder Erhalt entschieden sei. Sie sehen es daher auch als Aufgabe ihrer Profession, Einfluss auf die vorgelagerten Prozesse zu nehmen und im grösseren Kontext von Raumplanung und Siedlungsentwicklung zu denken. Gerade in Regionen wie ihrer Heimat sei das wichtig, erklären Allen + Crippa, da den Gemeinden dort meist das Fachwissen und auch die Kapazitäten in diesen Bereichen fehlten. Also schauen sie genau hin, bringen sich, wenn nötig, mit politischen Initiativen ein und klären die Bevölkerung beispielsweise an Dorfspaziergängen über die langfristigen Folgen von raumplanerischen Entscheiden auf. Und mit ihren Projekten vermitteln Allen + Crippa weiterhin ganz konkrete Möglichkeiten, sinnvoll mit dem Baubestand umzugehen.