
Im Innenhof steht ein vierzehn Meter langer Zementtisch, den Antonioni im selben Rot-Ton der Aussenfassade fertigen liess.
Als Gustavo Antonioni die Masseria Partemio zum ersten Mal betrat, war von der Würde des einstigen Landsitzes kaum mehr etwas zu spüren. Türen und Fenster fehlten, die Böden waren aufgerissen, die Wände feucht, das Dach moosbedeckt. Rund 200 Ziegen hatten das über 930 Quadratmeter grosse Hauptgebäude als Heim entdeckt und fühlten sich sichtlich wohl. Doch inmitten des Zerfalls erkannte Antonioni vor allem eines: Potenzial. «Ich war schockiert – und zugleich berührt», erinnert er sich. Und er sah darin die Möglichkeit, etwas Bleibendes zu schaffen – ein Zuhause für sich, seine Familie und kommende Generationen. Eigentlich stand das Anwesen gar nicht zum Verkauf. Doch Antonionis Begeisterung liess sich nicht bremsen. Er wartete ein ganzes Jahr, bis das Gebäude offiziell angeboten wurde – und schlug im Juni 2017 sofort zu. Seither gehört ihm das Grundstück mit seinen weitläufigen Olivenhainen und zwei ehemaligen Stallgebäuden.

350 Jahre alte Olivenbäume säumen den Eingang zur Masseria Partemio.

Von aussen zeigt sich das Haus noch immer in seinem ursprünglichen Erscheinungsbild.
Bewegte Geschichte
Die Ursprünge der Masseria reichen bis ins Jahr 1753 zurück, als sie als Jagdhaus eines Adligen errichtet wurde. Mitte des 19. Jahrhunderts kam ein maurisch inspirierter Turm hinzu, der dem Gebäude bis heute seinen markanten Charakter verleiht. Später übernahmen Benediktinerinnen die Residenz, die das Anwesen in eine Landwirtschaft mit Molkerei verwandelten. Im 20. Jahrhundert diente es einer wohlhabenden Familie als Landsitz, bevor es ab Mitte der 1970er-Jahre leer stand und langsam verfiel. Der Zustand des Hauses war kritisch: Viele Decken waren schwer beschädigt, das Fundament instabil, Feuchtigkeit hatte die Substanz angegriffen. Gemeinsam mit der ortsansässigen Architektin Maria Formosi – Spezialistin für historische Bauten Apuliens – entwickelte Antonioni ein behutsames Restaurierungskonzept, das die Geschichte des Ortes respektierte und das Anwesen zugleich zukunftsfähig machte. Bei der Sanierung war höchste Sorgfalt gefragt: Sämtliche Dachsteine wurden abgenommen, um die Gewölbedecken zu sichern, während das Mauerwerk mit Stahlseilen verstärkt wurde. Erst danach fanden die historischen Ziegelsteine ihren Weg zurück auf das Dach. Das neue, 1,5 Meter tiefe Fundament schützt das Gebäude heute vor aufsteigender Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen. Auch die Fassaden wurden sorgfältig erneuert – mit handgerührten Kalkfarben in Rot und Gelbocker. Der eine Ton steht für Würde und Beständigkeit, der andere für Vitalität und Licht. «Ich wollte ein lebendiges Haus, das die Vergangenheit ehrt, ohne darin stecken zu bleiben», sagt Antonioni. Diese Balance zwischen Bewahren und Weiterentwickeln zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Projekt.

Schmiedeeiserne Stühle mit grün gestreiften Kissen (Clarence House) setzen sommerliche Akzente im Aussenbereich.

Der 1820 ergänzte spanisch-maurische Turm wurde heute zur stilvollen Bar umgestaltet.
Materialität und Atmosphäre
Nicht nur baulich, auch gestalterisch wurde jedes Detail bedacht. Die Farbpalette der Räume orientiert sich an freigelegten Deckenmalereien, der Struktur des Tufo-Steins und lokalen Materialien. Im zentralen Wohnraum trifft das Sofa «Arne» von B&B Italia auf antike Majolikafliesen (kunstvoll glasierte Keramikfliesen, die traditionell handbemalt und aufwendig dekoriert werden), daneben stehen Keramiken aus Mexiko, ein Papierkunstwerk von Adam Ball, Leuchten aus Paris und Fundstücke vom Flohmarkt in Lecce. Alles wirkt harmonisch – als gehöre es schon immer zusammen. Die Schlafzimmer sind ruhiger gestaltet: Sanfte Naturtöne, handgewebte Tagesdecken, antike Kopfteile und Leinenstoffe aus der Region prägen die Räume. Sogar die Vorhänge wurden nach historischen Vorbildern gefertigt. Jedes Zimmer erzählt seine eigene Geschichte – schlicht, aber warm. Es ist spürbar: Hier wurde nichts aus dem Katalog zusammengestellt, sondern mit Blick, Gespür und Liebe zum Detail kuratiert.
Heute leben Antonioni und sein Partner mit zwei Hunden und zwei Katzen mehrere Monate im Jahr hier. Die übrige Zeit verbringen sie in London oder auf Reisen. In den Sommermonaten öffnen sie die Masseria gelegentlich für Gäste.

Die ganze Geschichte und viele weitere spannende Beiträge gibt es in Das Ideale Heim 07+08/2025 zu lesen.