Geschichten erzählen

Porträt: studio girsberger

Porträt einer sitzenden Frau mit einer roten Bluse vor einem Bücherregal

Seit 2018 arbeitet Stefanie Girsberger, MSc ETH Arch SIA, als selbstständige Architektin und bearbeitet ihre Projekte je nach Grösse alleine oder in Zusammenarbeit mit befreundeten Architekt*innen. 

Der 2022 fertiggestellte Umbau in Muri AG steht für vieles, worauf Architektin Stefanie Girsberger mit Büro in Zürich Wert legt. Ob in der Stadt oder auf dem Land: Genaues Hinsehen, Beobachten und Wahrnehmen des Bestands und dessen sorgfältige Weiterentwicklung zu einem Neuen, so beschreibt sie die Entstehung eines Projekts. Und dazwischen findet eine Geschichte statt – Stefanie Girsberger verwendet gerne das Wort Geschichte anstatt Konzept. Unter der Geschichte eines Bauvorhabens versteht sie nicht nur die Analyse eines Gebäudes oder eines Bauplatzes im historischen Sinne. Bei der Erarbeitung der Geschichte geht es ihr darum, das räumliche Potenzial auszuloten, die charakteristischen Eigenschaften eines Ortes herauszufiltern und Stimmungen, Atmosphäre, Farb- und Materialwelten, die in dieser Umgebung in Zukunft stattfinden können, zu umschreiben. Die Geschichte kann auch ein Material sein, das prägend ist, wie beispielsweise die Klinker- und Ziegelsteine in ihrem Projekt in Muri, bei dem sie gemeinsam mit Architekt Lorenz Bachmann das Langschiff einer ehemaligen Ziegelei zu Reihenhäusern umbaute. 

Mit Architekt Lorenz Bachmann baute Stefanie Girsberger das Langhaus auf dem Areal einer ehemaligen Ziegelei zu drei Reihenhäusern um.

Bauelemente materialgerecht einzusetzen, bedeutet für die Architektin, ressourcenschonend zu bauen. 

Für das teils marode Tragwerk entwickelte sie gemeinsam mit den Unternehmern kreative Lösungen, sodass sich das räumliche Potenzial im Erdgeschoss mit grosszügigen Raumhöhen entfalten konnte. 

Einige Farbtupfer wirken auffrischend am einst etwas tristen Ort. 

Die nötige Tragstruktur ist im besten Fall – wie in Muri – schon vorhanden und hat ihre Nachhaltigkeit bereits bewiesen, indem sie wiederverwendet werden kann. Nebst dem Angebot von möglichst nutzungsfreien Strukturen steht für sie die Erlebbarkeit der Räume in Form von Materialisierung, Klima, Licht und Farben im Zentrum. So werden gut konstruierte Wohnräume geschaffen, die einerseits Identität stiften und andererseits auch einer nächsten Generation Wohlbefinden vermitteln können.

Bei den vergangenen Projekten konnte Stefanie Girsberger alle Leistungsphasen, vom Entwurf bis zur Bauleitung, anbieten. Gestalterische Ideen kann sie so bis zum Schluss kontrollieren und präzise umsetzen. Zudem lassen sich Schnittstellen reduzieren, alle Informationen kommen bei ihr zusammen und die Bauherrschaft hat eine einzige Ansprechperson. Je nach Bauvorhaben lässt sie sich aber auch gerne auf Zusammenarbeit ein, denn gerade in der Entwurfsphase schätzt sie den bereichernden Austausch mit anderen Architekt*innen wie auch mit der Bauherrschaft, um die Geschichte des jeweiligen Projekts zu schärfen und zu präzisieren.

Nach einer Gastprofessur an der Hochschule in Kaiserslautern führt sie aktuell ihre Lehrtätigkeit am Lehrstuhl für Konstruktion und Bautechnologie der ETH Zürich weiter. Hier geht es um das Detaillieren und Materialisieren. Der bereichernde Austausch mit den Studierenden an der Hochschule wie auch der Abgleich mit den Unternehmer*innen auf der Baustelle fliessen in ihre tägliche Arbeit ein, bei der sie grossen Wert auf ort- und gebäudespezifische Details legt. So können differenzierte Orte entstehen, die von kultureller Bedeutung sind. Gelungen ist für sie das Neue, wenn es durch die Konstruktion, die Nützlichkeit und die Schönheit beständig und somit nachhaltig ist.   

Eine Auswahl ihrer Bauten & Projekte:

  • Umbau Doppeleinfamilienhaus, Winterthur ZH, 2023

  • Umbau Arbeiterhaus, Muri AG, mit Lorenz Bachmann, 2021/22

  • Umbau Einfamilienhaus am Gunnenberg, Oberlunkhofen AG, mit Margit Pschorn, 2019

  • Neubau Atelierhaus, Münster VS, 2018

Titelbild der Zeitschrift Umbauen+Renovieren, das einen überhohen Eingangsbereich mit viele verschiedenen Farbflächen zeigt

Diesen und weitere spannende Artikel finden Sie in der Ausgabe 5/23 der Zeitschrift Umbauen+Renovieren.