Herr Meier, an wen richten Sie sich mit Ihrem Angebot der Bauschule?
Markus Meier: In erster Linie ist es ein Weiterbildungsangebot für Berufsleute mit einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis, einem EFZ als Zeichner*in Architektur, Innenarchitektur und für Quereinsteiger*innen mit einem EFZ aus bau- oder planungsverwandten Berufen wie Schreiner oder Zimmerleute mit Planungserfahrung. Für eine Weiterbildung an einer höheren Fachschule ist keine Berufsmaturität notwendig.
Was ist das Ziel der Ausbildung, oder anders gefragt: Mit welchen Titeln oder Abschlüssen enden die Ausbildungen bei Ihnen an der Bauschule?
MM: Die Ausbildung basiert auf dem von den Berufsverbänden und dem SBFI genehmigten Rahmenlehrplan Bauplaner HF. Die erfolgreiche Ausbildung endet mit dem Titel Dipl. Techniker*in HF Bauplanung. Es handelt sich dabei um eine generalistische Ausbildung im Bereich des Engineerings, der Umsetzung von anspruchsvollen Bauprojekten, also in der Planung, der Projekt- und Bauleitung. Dadurch unterscheiden wir uns von einer Hochschulbildung, die mehr in Richtung Entwurf und Forschung zielt. Die Ausbildung geht berufsbegleitend über drei Jahre, man arbeitet, wie vom Rahmenlehrplan vorgegeben, zwischen 50 und maximal 80 Prozent, sodass daneben die Lernstunden bewältigt werden können. Alles in allem umfasst die Ausbildung 3600 Lernstunden für den Unterricht an der Schule, für Selbststudium, Prüfungen und Diplomarbeit. Mit der Ausbildung entwickelt man sich aus einer Berufslehre heraus in eine Kaderposition.
Wo finden sich Ihre Absolvent*innen nach der Ausbildung wieder?
MM: Sie arbeiten in Architektur- oder Innenarchitekturbüros in der Planung, der Projekt- oder Bauleitung. Man trifft sie im Büro als Projektverantwortliche und in dieser Funktion als Verantwortliche gegenüber der Bauherrschaft und der Behörde, aber auch gegenüber den Unternehmen auf der Baustelle in der Vertretung von der Bauherrschaft. Eine Planung zu realisieren ist ein spezielles Auftragsverhältnis, in dem unsere Absolvent*innen treuhänderische Funktionen übernehmen und Bindeglied sind.
«Der Leitspruch unserer Schule heisst: Bildung ist unser Handwerk.»
Somit ist sicher auch Kommunikation einer der Schwerpunkte in der Ausbildung?
MM: Ja, die Kommunikation steht im Zentrum. Den Plan von etwas Zukünftigem zu erstellen, die Bedürfnisse einer Bauherrschaft abzubilden, ist ebenso Kommunikation wie technisch durchführbare und auf der Baustelle umsetzbare Konstruktionen zu entwickeln und darzustellen. Weiter gehören auch Visualisierungen und die verbale Kommunikation zu den geforderten Kompetenzen. Auch die digitale Zusammenarbeit, etwa BIM, funktioniert nur durch Kommunikation. Wahrnehmen, Darstellen und Visualisieren – all das fliesst in den Lernbereich «Kommunikation» mit ein, nebst der schriftlichen Sprache und der Präsentation.
Was unterscheidet Sie von anderen Bildungsinstitutionen in diesem Bereich?
MM: Der Leitspruch unserer Schule heisst: «Bildung ist unser Handwerk». Die praxisorientierte Ausbildung zeichnet uns aus. Das Gelernte soll stets anwendbar sein. Wir betreiben selber keine Forschung, verwenden aber selbstverständlich innovative Technologien und Prozesse für die Umsetzung. Können Sie uns grob die wichtigsten Stationen in Ihrer Geschichte wiedergeben? Die Bauschule wurde vor mehr als 125 Jahren als Bauführerschule für den Massiv- und den Holzbau gegründet. Damals hat ein Baumeister noch Planung und die technische Umsetzung verantwortet. Die Aufsplittung in die planenden und ausführenden Funktionen hat sich erst im Lauf der Zeit verfestigt. Heute bilden wir Bauführer*innen und Bauplaner*innen aus. In der Geschichte der Bauschule gibt es den Bauplaner seit etwa 40 Jahren. Lange wurde diese Ausbildung als Technikerschule geführt, bevor sie im Zusammenhang mit der Bologna-Reform zur Höheren Fachschule geworden ist.
Heute steht eine Trägerschaft hinter der Bauschule. Seit wann ist das so organisiert?
MM: Seit 1. Mai 2020 wird die Schule privat geführt; die Trägerschaft ist eine Stiftung, die die Bauschule als Alleinaktionärin mit einer Aktiengesellschaft führt. In der Stiftung findet sich Kapital von den Verbänden der Baumeister, der Holzbauer und der Bauplaner.
Trägt die Trägerschaft auch dazu bei, die Bekanntheit der Bauschule zu fördern?
MM: Die Trägerschaft, unsere Berufsverbände und der Trägerverein Bauplaner SBA tragen wesentlich mit zur Bekanntheit und zur Praxisbezogenheit bei. Wichtig ist neben der Werbung in Zeitschriften und in den sozialen Medien nach wie vor die Mundpropaganda. Wir verleihen zusätzlich zum eidgenössischen Titel schon immer den Zusatz Dipl. Bauplaner*in SBA oder Dipl. Bauführer*in SBA, also Schweizerische Bauschule Aarau. Diese Titel haben auf dem Berufsmarkt einen hohen Stellenwert.
Wie ist die Ausbildung aufgebaut?
MM: Die Ausbildung dauert drei Jahre, startet mit Grundlagen, aufbauend auf dem EFZ, also auf bereits vorhandenem Grundwissen. Es gibt Hauptlernbereiche wie Konstruktion, Projekt- und Bauleitung und Stoffkreise (Bauphysik, Bauchemie, Nachhaltigkeit, Material, Recycling, Re-use, Urban Mining…). Diese drei Bereiche müssen ineinandergreifen. Alle anderen Lernbereiche wie Haustechnik, Umgebungsgestaltung oder Bau- und Vertragsrecht gehören mit dazu, ebenso Statik, Personal- und Unternehmensführung, Marketing … In der generalistischen Ausbildung geht es darum, den Fächer weit zu öffnen und eine Sensibilisierung für alle Aspekte vom Planen und Bauen zu erreichen sowie eine Befähigung zu erwirken, vielfältige Herausforderungen und Probleme zu lösen. Studierende im Bereich der Innenarchitektur müssen zudem stärker auch im Entwurf und in der Kreativität Kompetenzen entwickeln. Sie besuchen deshalb noch Fächer wie Räumliches Gestalten und Beleuchtung. Ihre Planungsarbeit beginnt klassischerweise oft bereits vor der Baugesuchsphase. In der Architektur liegt ein wichtiger Schwerpunkt im digitalen Workflow und der digitalen Zusammenarbeit.
Wer sind die Lehrenden bei Ihnen?
MM: Das sind alles Fachleute in ihrem Fachgebiet, beispielsweise in der Konstruktion ist es ein Architekt, in der Statik eine Bauingenieurin… Wir suchen immer die best qualifizierten Fachpersonen, die berufstätig sind und im Nebenamt bei uns unterrichten.
In diesem Jahr war bei den Diplomarbeiten im Bereich Architektur und Innenarchitektur das Thema «Bauen im Bestand». Ist Bauen im Bestand häufig ein Thema in der Ausbildung?
MM: Bauen im Bestand ist ein Hauptthema in der Innenarchitektur, ebenfalls ist es in der Architektur ein grosses Thema. Es ist zunehmend wichtiger in der Ausbildung, da das Bauen im Bestand weiterhin zunehmen wird. Sicher 50 Prozent von allen Diplomarbeiten widmen sich diesem Thema.
Worum ging es in diesem Jahr konkret in den Diplomarbeiten?
MM: In der Klasse Innenarchitektur ging es darum, ein Bikerhostel in einer ehemaligen Fabrikliegenschaft an der Herzroute zu entwerfen und einzurichten. In der Klasse Architektur sind die Lehrpersonen auf ein Areal gestossen, das in den nächsten Jahren transformiert werden soll: Eine ehemalige Sägerei, ein Mühlebetrieb mit einem Getreidesilo. Es galt, auch hier fiktiv, in zwei Gebäude Arbeiten, Wohnen und öffentliche Nutzung einzufügen. Konkret ging es um verschiedene Materialisierungen und Konstruktionsprinzipien. Beide Arbeiten basieren auf einem Vorprojekt, das von den Lehrpersonen vorgegeben ist. Einerseits weil die Entwicklung solcher Konzepte nicht explizit zur Ausbildung gehört, andererseits weil die Zeit der Diplomarbeiten das Erarbeiten eines eigenen Konzeptes gar nicht erlauben würde. Möglich wird durch diese Ausgangslage jedoch eine Vertiefung und Verdichtung der Inhalte in den jeweiligen Diplomarbeiten.
«Als Lehrende suchen wir immer die best qualifizierten Fachpersonen, die berufstätig sind und im Nebenamt bei uns unterrichten.»
Wie laufen die Arbeiten ab, und wie realistisch sind die Aufgabenstellungen?
MM: Wenn immer möglich schaut man sich die Objekte an und betreibt bereits in der Vorbereitungszeit Recherche zu den Diplomthemen. In den zwei Wochen der Diplomarbeiten arbeiten die Diplomand*innen in der Bauschule in Ateliers. Wie bei Planungsprojekten üblich braucht es digitale Grundlagen, um später mit dem gängigen CAD-Programm Projektpläne und Detailpläne zeichnen zu können. Es braucht also die entsprechenden Unterlagen, Materialien und Geräte.
Sind die Studierenden frei in der Wahl der Darstellung, oder gibt es feste Anforderungen, was die Präsentation umfassen muss?
MM: Es gibt einen klar definierten Abgabeumfang, der sich aus einer Logik ergibt, was zu sehen sein muss. Das Projekt, die Konstruktion, die Kosten, der Bauablauf müssen ersichtlich sein. Die Prüfungssituation widerspiegelt den späteren Berufsalltag. Dies ist unter anderem auch der Grund, warum wir die Aufgaben so realistisch wie möglich stellen.
Wäre es sogar auch denkbar, dass sich aus den Diplomarbeiten ein konkreter Auftrag, eine Zusammenarbeit ergibt?
MM: Rein theoretisch wäre es möglich, aber es ist natürlich eine Frage des Zeithorizonts. Als Inspiration für Eigentümerschaften können die Arbeiten aber in jedem Fall dienen.
Was wiederum die unmittelbare Einsatzfähigkeit der Studierenden zeigt, die das Diplom bei Ihnen machen.
MM: Das stimmt. Sie sind tatsächlich sehr gefragt. Unsere Studierenden sind schon während der Ausbildung, aber selbstverständlich vor allem hinterher voll einsatzfähig und in der Planerwelt sehr geschätzt.