«Grundsätzlich treffen auf einen Anbau die gleichen Ansprüche zu, wie auf jede andere Bauaufgabe. Es geht darum, eine spezifische Lösung für eine Nutzung zu erarbeiten, die mit Rücksicht auf den gebauten und historischen Kontext referenziert», sagt der Architekt Roger Moos von moos. giuliani. herrmann. architekten., in deren Werk das Thema Weiterbauen eine wichtige Rolle spielt. «Mal kann ein Annex mit Solitärcharakter als gelungen bezeichnet werden, ein anderes Mal ist ein Anbau gelungen, wenn er kaum ablesbar ist, wenn das Ursprungsgebäude mit dem Anbau zusammen zu einem neuen Ganzen verschmilzt.» Mal steht die Verbindung von Innen- und Aussenraum im Zentrum der Bauaufgabe, ein anderes Mal verbindet der Anbau zum Beispiel Gebäudeteile aus unterschiedlichen Zeiten. So wie bei diesem Projekt der Architektin Nina Anaïs, Anaïs Architektur, die einen Doppeleinfamilienhausteil von 1923 in Zürich umgebaut und um einen pointierten Anbau ergänzt hat.
Die Aussicht, vor allem aber den Bezug nach draussen hat die Architektin Nina Anaïs mit einbezogen, als sie für eine Familie den Umbau realisiert hat. Die heutige Eigentümerschaft hatte die Hälfte des Doppeleinfamilienhauses – eines von zwei ursprünglich identischen Wohnhäusern – 2018 gekauft. Die attraktive Lage, der Altbau, aber auch das Potenzial zur Raumerweiterung waren dabei relevante Faktoren. In den 1980er-Jahren war dieser Hausteil aufgrund des Gefälles im Gelände unterirdisch erweitert worden. Dieses zusätzliche, intern nicht mit dem Wohnhaus verbundene autonome Geschoss war bislang für Gewerbezwecke genutzt worden. Das Haus mit seinen teilweise noch aus der Bauzeit stammenden Elementen war für die Familie grundsätzlich stimmig. Sie wünschten sich jedoch mehr nutzbaren Raum und mehr Licht. Nina Anaïs strebte mit dem Anbau das maximal mögliche Volumen und die grösstmögliche Raumqualität an. Ihre Lösung erhebt sich als ungezwungener Baukörper aus dem Garten bis unters Dachgeschoss, wo ihn eine grosszügige Dachterrasse abschliesst. Die Fassadengestaltung aus filigranen Metallstäben, die zugleich Brüstung und Spalier in einem bilden, mildern die expressive Form zu einem identitätsstiftenden Ganzen, das mit dem Anbau des Nachbarn in Dialog tritt und doch eigenständig wirkt.
Ganz anders fallen Aufgabenstellung und Lösung beim Um- und Anbau von Bureau Krause Architektur, ehemals Bonnot Krause Architektur, aus.
Das Einfamilienhaus von 1938 in Freienbach sollte um einen Anbau erweitert werden. Das Grundstück hatte es jedoch in sich. Auf einer dreieckigen, in eine schmale Spitze laufenden Parzelle gelegen, wird das Haus nämlich auf der einen Seite von einer Hauptstrasse, auf der anderen Seite von den Gleisen der SOB gesäumt. «Die Setzung des Anbaus ergab sich schlussendlich wie von selbst: Auf der Nordseite gab es eine Interessenlinie der SOB zu beachten, deshalb blieb nur die Strassenseite übrig. Hier hatten wir sogar noch Glück: Aufgrund eines neuen Kreisels wurde das Trottoir verbreitert, weshalb der einzuhaltende Strassenabstand noch etwas nach aussen rückte», erzählen die Architekten. Konzeptionell dient der Anbau nicht nur zur Erweiterung des Innenraums, sondern er grenzt zugleich den privaten Wohnraum von der Erschliessung des Grundstücks ab. Diese abschirmende Wirkung wird in der Materialisierung und Farbgebung widergespiegelt. Der Kubus verfügt über eine Yakisugi-Fassade mit einer vertikalen Holzlattenschalung. Das auf traditionelle japanische Art hitzebehandelte Holz bildet sowohl sinnbildlich mit seiner schwarzen Farbe als auch mit seiner natürlichen Beständigkeit eine schützende Schicht gegen die Umwelteinflüsse der Strasse und der Einfahrt. Auf der Gartenseite, wo ein überdeckter Sitzbereich in das Volumen eingelassen ist, bleibt das Lärchenholz roh und symbolisiert so den geschützteren Bereich des Anbaus. Durch diese harte Schale wirkt der neue Garten trotz seiner exponierten Lage äusserst geborgen.