Auf Bergwanderwegen läuft man im Mittelland eher selten. Einer der wenigen führt oberhalb von Baden über die Lägern nach Regensberg im Kanton Zürich. Der Gratweg hat sich die weiss-rote Signalisation wirklich verdient: Wer über den schroffen, steil abfallenden Fels der markanten Jurafalte wandert, sollte trittsicher und schwindelfrei sein – und wird bei klarem Wetter mit einer beeindruckenden Aussicht in Richtung Alpen und Schwarzwald belohnt.
Doch nicht nur der Gratweg bleibt in Erinnerung, sondern auch die Lägern Hochwacht, die sich übrigens auch bequem und weniger abenteuerlich auf gut ausgebauten Wanderwegen erreichen lässt. Mehrere Jahre mussten die Ausflügler auf «ihre» Hochwacht verzichten, bevor sie endlich im Mai dieses Jahres nach einer intensiven Umbauphase wiedereröffnet wurde. Die heutige Besitzerin, die das Projekt mit viel Idealismus angegangen ist, hat hier gemeinsam mit Leibundgut Architekten und einem Team aus Spezialisten ein zeitgemässes Bergrestaurant eingerichtet, das seine Wurzeln nicht verleugnet. Im 17. Jahrhundert als militärischer Beobachtungsposten errichtet, wurde die Hochwacht seit 1888 in mehreren Schritten zu einer Waldschenke ausgebaut. 1895 schliesslich wurde aus regionalen Materialien ein quadratischer Turm erbaut, das Wirtshaus «Zur hohen Wacht». Durch Anbauten und Nebengebäude war der Turm jedoch im Verlauf der Jahre seiner Wirkung beraubt worden. Seine Instandsetzung und Akzentuierung innerhalb des Ensembles, das damals wie heute neben dem Restaurant mit einer Wirtewohnung auch einen Stall und eine Waldschenke umfasst, war daher eines der wichtigsten Ziele des Umbaus.
Aufgrund des schlechten baulichen Zustands der jüngeren Gebäude entschloss man sich zu deren Rückbau, sodass nur noch der Turm sowie der Stall und die Waldschenke stehen blieben. Für einen Schreckensmoment bei den Abbrucharbeiten sorgte jedoch der Turm selber, denn es zeigte sich, dass die Anbauten eine stabilisierende Wirkung auf den Kernbau gehabt hatten. Die Einsturzgefahr führte zu einem Baustopp. Den Turm abzubrechen und neu aufzubauen, war jedoch für die Bauherrschaft und den Architekten Johannes Leibundgut keine Option. Stattdessen sanierte ein Natursteinspezialist in vier Monaten reiner Handarbeit mit Lägernkalk und Lägernsand das alte Gemäuer, das von innen mit einem atmungsaktiven System gedämmt wurde. Ein schlankes, in Holzbauweise erstelltes Gebäude umfasst neu den Turm auf drei Seiten; an der Eingangsfassade tritt es 2 Meter zurück, um diesen in den Vordergrund zu rücken und damit auch den Gartensitzplatz zu stärken.
Nebst einem architektonisch und atmosphärisch stimmigen Projekt lag der Bauherrin auch ein nachhaltiges Energiekonzept am Herzen. Die klare ideologische Haltung, dass an diesen Ort kein Energieträgertransport stattfinden sollte, führte zum Einbau einer Eisspeicherheizung; Waldschenke und Stall sind mit Photovoltaikanlagen auf den Dächern ausgestattet. So dient die Lägern Hochwacht nach dem Umbau nicht nur weiterhin als beliebtes Ausflugsziel in der Höhe, sondern kann darüber hinaus auch als energetisches Leuchtturmprojekt glänzen.
Restaurant Lägern Hochwacht: www.laegern-hochwacht.ch
Leibundgut Architekten: www.leibundgut-architekten.ch