Ungewöhnliche Bauprojekte

Umbau

Was geschieht mit den grossen Fabrikhallen, wenn Produktionen ins Ausland verlegt werden? Was tun, wenn eine Kirche nicht mehr gebraucht wird, weil weniger Gläubige den Gottesdienst besuchen? Oder ein Schulhaus ohne Aufgabe dasteht, weil eine Erweiterung nicht möglich war und es an anderer Stelle durch ein neues ersetzt wurde? Unsere Gesellschaft steht nicht still. Gebäude werden zu einem bestimmten Zweck gebaut, und viele von ihnen prägen unsere Ortsbilder entscheidend mit. Sie abzureissen, käme einer Negierung unserer Geschichte gleich. Darüber hinaus bieten sie oft ein enormes Potenzial für Transformationen, nicht selten zu Wohnraum, der alles andere als 0815 ist, wie diese zwei Beispiele zeigen.

Das Architektenpaar Lilitt Bollinger und Daniel Buchner, der gemeinsam mit Andreas Bründler Buchner Bründler Architekten leitet, hat für sich im solothurnischen Nuglar das Lagergebäude einer Schnapsbrennerei aus dem Jahr 1968 in ein neues Zuhause umgenutzt. Ein geheimnisvolles Labyrinth aus Wänden, die auch Türen sind, und Türen, hinter denen sich Schränke verbergen, in einem «Gebäude, das etwas Unbestimmtes hatte und dadurch sehr viel zugelassen hat», so die Architektin.

Die Gartenseite zeigt das bewohnte Obergeschoss mit den vergrösserten Fenstern, darüber die neue Aufstockung, in der sich das Atelier von Daniel Buchner befindet. Im UG sind weitere Ateliers und Lagerräume, die vermietet werden.

Blick aus dem Architekturbüro von Lilitt Bollinger durch die geöffneten Wandtüren in den Wohnbereich. Rechts sichtbar: ein kreisrunder Durchgang, der in die Garage und Werkstatt führt.

Die Brüstung der ursprünglich schmalen Bandfenster wurde auf Sitzbankhöhe heruntergeschnitten. Die Sitzbank lädt dazu ein, den Tag damit zu verbringen, die Aussicht zu geniessen. Möbel und Trennelemente sind aus Seekiefernholz und Beton geschaffen.

Ganz anders das zweite Projekt: Das ehemalige Schützenhaus von Baden, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts erbaut worden war, beherbergt heute vier Eigentumswohnungen. «Die entscheidende Frage war, wie sich die Wohnungen in das Schützenhaus integrieren lassen, ohne Tragwerk und Struktur zu ignorieren», sagt Markus Fankhauser von BEM Architekten. Denn die grosse Halle, die den Innenraum prägte, musste der neuen Nutzung «geopfert» werden. Und dennoch bleibt die Vergangenheit im Gebäude präsent und ablesbar.

Den burgartigen Charakter behielt das Schützenhaus auch nach seiner Umnutzung bei. Die Fensterläden wurden in den Farben des Badener Stadtwappens gestrichen. Zwei präzis geschnittene «Blechkisten» auf dem Dach, die von der Grösse her den alten Öffnungen entsprechen, dienen der zusätzlichen Belichtung.

Durch das mächtige hölzerne Tor betritt man den Eingangsbereich zu den Wohnungen. Der Boden musste schalltechnisch entkoppelt werden, was einen höheren Bodenaufbau zur Folge hatte. Um das Tor nicht kürzen zu müssen, fiel die Wahl auf einen mit 16 mm sehr schlanken Aufbau mit Steinzeugplättli auf einer Entkoppelungsmatte.

Der offene Koch- und Essbereich in einer der mittleren Wohnungen wird durch das Galeriegeschoss gekrönt. Das Holztragwerk, das gereinigt und instand gesetzt wurde, bestimmt die Atmosphäre in den Räumen.

Mehr Informationen zum Thema Umnutzung und zu den hier gezeigten Umbauten finden Sie in Ausgabe 6/19 der Zeitschrift Umbauen+Renovieren.