Auf die Frage, was ihnen Umbauen im Vergleich zum Neubauen bedeutet, zitieren Céline Bessire und Matthias Winter den österreichischen Architekten Herrmann Czech: «Alles ist Umbau». Denn jeder Ort hat bereits eine Geschichte und Beschaffenheit, ganz egal ob mensch- oder naturgemacht. Besonders in der Schweiz, wo beinahe alles Kulturland ist, wurde jeder Ort schon einmal gedacht. Was sie als ArchitektInnen machen, sei lediglich das Hinzufügen weiterer Bedeutungsebenen, ein Weiterweben und Verknüpfen des Vorgefundenen.
Dieses Erweitern der Fragestellung wenden sie auch im Konkreten an. So trat zum Beispiel die Bauherrschaft des Umbaus am Findlingsweg mit dem Wunsch an sie heran, ihr bereits zweimal erweitertes Einfamilienhaus durch einen dritten Anbau zu ergänzen. Die Aufgabenstellung, mehr Raum zu schaffen, lösten Bessire Winter auf unkonventionelle Weise. Anstatt das Haus erneut zu erweitern, fragten sie: Wie können die durch die bestehenden Additionen entstandenen räumlichen Brüche behoben werden? Kann das Haus verdichtet und so Neuraum geschaffen werden? Schlussendlich ergänzten sie den Bestand mit einem minimalen Erker zum Garten, einem Podest im Obergeschoss, das als Arbeitsraum dient, und einer Lukarne im Dach. Der Innenraum wurde zu einer nahtlosen Raumchoreographie, in der alles mehrere Verwendungszwecke hat. Das Resultat war eine Komprimierung, die durch räumliche Überlagerungen und eine Reorganisation des Vorhandenen mehr Platz schuf, ohne neue Quadratmeter hinzuzufügen.
Auch die Frage, wie sich ihre Architektur von der Masse abhebt, hinterfragt das ArchitektInnenduo kritisch: «Wir sind die Masse. Es geht uns nicht darum, Ausnahmeerscheinung zu sein oder zu machen, sondern darum, aus dem Gewöhnlichen zu schöpfen und dieses zu verändern. Wir leben in einer Zeit, in der man viele Normen überdenken sollte und dies tut man nicht in Ausnahmen, sondern im Alltäglichen. Deshalb sehen wir uns viel mehr als Baustein, als Teil der Masse selbst.» Nur schon kleine architektonische Eingriffe verändern nämlich die Art und Weise, wie wir unsere Alltagsräume bewohnen. Es ist genau hier, in der Konfrontation mit dem Alltäglichen, Spezifischen und vordergründig Langweiligen, wo Bessire Winter im Kleinen das Grosse umdenken.