Eine Ikone der Moderne

Villa Tugendhat in Brünn

Barcelona Chair von Knoll International in smaragdgrünem Leder.

Der Barcelona Chair wurde für diese Villa in smaragdgrünem Leder angefertigt. (Knoll International)

Die Villa Tugendhat von Grete und Fritz Tugendhat aus den Jahren 1929 bis 1930, entworfen vom Architekten Ludwig Mies van der Rohe, ist ein Denkmal für die moderne Architektur. Es ist das einzige Beispiel moderner Architektur in der Tschechischen Republik, das auf der bekannten Unesco-Liste des Weltkulturerbes steht. Die Villa Tugendhat wurde in den Jahren 2010 bis 2012 umfangreichen Erneuerungs- und Restaurierungsarbeiten unterzogen und ist nun wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Die frei stehende, dreistöckige, moderne Villa liegt an einem Hang mit Blick nach Südwesten, Richtung Zentrum von Brünn. Sowohl die Struktur als auch der angrenzende Garten wurden originalgetreu restauriert. Das moderne Haus und Interieur wurde von Ludwig Mies van der Rohe zusammen mit zwei seiner Kollegen, Lilly Reich und Sergius Ruegenberg, entworfen. Die Innenräume sind mit exakten Nachbildungen der Originalmöbel des Architekten ausgestattet. Viele Lösungen der ursprünglichen Villa Tugendhat waren Prototypen. Es war zum Beispiel das erste Haus, das mit einem Skelett aus Stahl gebaut wurde. Die 29 Stahlständer wurden aus L-Profilen zusammengeschweisst, sodass der Architekt den Innenraum frei gestalten und die Aussenwände komplett aus Glas herstellen konnte.

Roter Pouf von Knoll International.

Alle Möbel wurden für das Haus massgeschneidert. (Pouf: Knoll international)

Student Rastislav BoŠko in der Villa Tugendhat.

«Hätte Mies für sich selbst auch so gebaut?» das würde Rastislav BoŠko den Meister fragen. (Lichtschalter: Berker)

Villa Tugendhat, Innenaufnahme Wohnzimmer mit Blick auf Ebenholzfurnier beschichtete Halbzylinderwand.

Die mit Ebenholzfurnier beschichtete Halbzylinderwand wurde zwischenzeitlich zerstört und bei der Renovation wiederhergestellt.

An diesem speziellen Tag führt uns Rastislav Boško, ein Student und leidenschaftlicher Liebhaber moderner Architektur, durch das Haus und sein Interieur. Er erklärt uns architektonische Details im Innen- und Aussenbereich und zeigt uns die für das Projekt massgeschneiderten Möbel. Auf den Spuren der modernen Architektur und klarer Linien machte sich Rastislav Boško auf die Suche nach den Wurzeln von Ludwig Mies van der Rohe und seiner «Moderne». Sein wahrer Begleiter bei dieser Recherche ist eine alte Rolleiflex-Kamera, die er immer mit sich führt. Rastislav Boško: «Einen Tag alleine in dieser charakteristischen Villa zu verbringen, fühlt sich so an, als ob man der eigentliche Eigentümer wäre – ein Schritt zurück in die Vergangenheit, ein Schritt in die moderne Ära der dreissiger Jahre mit all der ursprünglichen Ausstattung des Hauses.»

Villa Tugendhat, Blick vom Wohnzimmer in den Park.

Der bereits bestehende Park bildete den Rahmen für die Architektur.

Das erste Stockwerk, der Keller, enthält die Nebenräume. Das zweite Stockwerk, das Erdgeschoss, besteht aus den Hauptwohnbereichen mit Wintergarten und Terrasse sowie der Küche und den Bedienstetenzimmern. Das dritte Stockwerk, die erste Etage, auf der sich der Haupteingang von der Strasse her mit einem Durchgang zur Terrasse befindet, beherbergt das Schlafzimmer für die Eltern, die Kinder und das Kindermädchen mit entsprechenden sanitären Einrichtungen.

Die Villa Tugendhat war in jeder Hinsicht ein einzigartiges Projekt. Nur wenige Privathäuser des 20. Jahrhunderts können ihr mit ihren ästhetischen, technischen und statischen Funktionen Paroli bieten. Das Archiv der Institution Villa Tugendhat liefert wichtige Informationen über Ludwig Mies van der Rohe mit vielen schönen Geschichten. Rastislav Boško: «Ludwig Mies van der Rohes Arbeits- und Lebensgemeinschaft mit Lilly Reich und Sergius Ruegenberg wurde zu einem wichtigen Wendepunkt in seinem Leben, vor allem jene mit Lilly Reich, als sie 1927 für die Ausstellung des Deutschen Werkbundes «Die Wohnung» zusammenarbeiteten, aus der auch die Weissenhofsiedlung in Stuttgart hervorging (1927). Mies van der Rohe und Lilly Reich präsentierten damals ihr Konzept des «fliessenden» oder «uneingeschränkten» Raums, das im Deutschen Pavillon an der Weltausstellung in Barcelona (1928–1929) und in dieser Brünner Villa, der Villa Tugendhat, weiterentwickelt wurde.

Villa Tugendhat von Grete und Fritz Tugendhat aus den Jahren 1929 von aussen.

Dank des Skeletts aus Stahl konnten die Aussenwände komplett aus Glas hergestellt werden.

Den gesamten Artikel mit weiteren Fotos finden Sie in der Mai-Ausgabe von Das Ideale Heim.