Kaffee aus dem Marmor-Regenbogen

Eine Kaffeemaschine, die es nicht gibt

Eine bunte Kaffeemaschine, bestehend aus unterschiedlichen Marmorarten.

Diese Kaffeemaschine von Tina Bobbe war in den vergangenen Wochen auf Instagram überall zu sehen.

Womöglich kommt euch diese Kaffeemaschine bekannt vor. Mein Instagram-Feed war letzte Woche jedenfalls voll von ihr oder einer Variation davon. Ich – seit längerem auf der Suche nach einer Kaffeemaschine – war hin und weg von dem bunten Design, das etwas an Memphis-Design in chic erinnerte. Natürlich wegen des Marmors. 

Klick über Klick fand ich schliesslich die Quelle, den Ursprung des geteilten und erneut geteilten Bildes; freudig gespannt war ich. Auf diese Freude folgte bloss einen kurzen Augenblick später: die Enttäuschung.

Denn die Kaffeemaschine, von Tina Bobbe erschaffen, existiert ausschliesslich in der digitalen Welt. Sie wird mit grosser Wahrscheinlichkeit niemals der bunte Hingucker in meiner grauen Küche sein.

 

150'000 Likes in 2 Wochen

Tina Bobbe, deren Kaffeemaschine in weniger als zwei Wochen über einhundertfünfzigtausend Likes auf Instagram erzielte, ist Industriedesignerin, Designforscherin und AI-Künstlerin. Ich habe mit ihr darüber gesprochen, wie es ist, wunderschöne Dinge zu entwerfen, ohne sie jemals realisieren zu können sowie über andere Themen an der Schnittstelle zwischen Design und künstlicher Intelligenz.

Zu sehen ist ein rosa Auto, in der Dimension eines richtigen Autos, jedoch besteht es aus aufblasbarem Material.

Mithilfe von künstlicher Intelligenz verändert sie die Materialität von Produkten und vermittelt der Betrachterin so ein ganz anderes Bild.

Tina, mit KI erschaffst du Produkte und Welten, die einen Realitätsbezug haben, die es so jedoch noch nicht gibt. Für viele Menschen ist KI noch sehr fremd. Kannst du kurz erklären, wie dein Vorgehen ist, um deine Visuals, wie die Kaffeemaschinen, zu erstellen?
Tina Bobbe: Ich nutze Midjourney, ein Tool, welches Text-to-Image Bilder generiert und das mithilfe von KI. Das heisst ich gebe einen Text ein, auch Prompt genannt, und Midjourney generiert Bilder. In einem meist längeren Prozess variiere ich die Bilder, passe den Prompt an und spiele mit anderen Stellschrauben, bis ich das Ergebnis unglaublich gut finde. Gut reicht mir nicht.

Du hast im Vorgespräch gesagt, dass von dir aus keine Absicht besteht, die Maschinen produzieren zu lassen. Denn die visualisierten Marmor-Elemente würden so, in diesen Farben, nicht existieren. Ich musste bei dieser Aussage an das «The Toaster Project» von Thomas Thwaites denken, wo das Resultat das Ziel schlussendlich ziemlich verfehlte. Dennoch juckt es nicht etwas unter den Nägeln? Ist es nicht vielleicht doch eine verpasste Chance? Sie scheint offensichtlich zu gefallen.
TB: Ich entwerfe lieber weiter neue Dinge, die dann andere potenziell umsetzen können. Ja, und wie schon erwähnt, die Fallhöhe riesig: Erwartung vs. Realität. Wenn, dann müsste man das wirklich richtig machen. Mit Expertise und Ressourcen auf Seiten Kaffee und Marmor. Auf dieses Angebot warte ich noch.

Was ist der Anreiz (besonders als Designerin), mit KI Dinge zu kreieren, die sich in Wirklichkeit nicht umsetzen lassen? 
TB: Ich persönlich liebe den schmalen Grat zwischen Design und Kunst. Die Kaffeemaschinen sind Skulpturen, die nebenbei eine Funktion haben: Kaffee machen (scusi Espresso!). Und warum mit KI, weil es unfassbar schnell geht und sehr viel Spass macht.

Tina Bobbe ist Industriedesignerin und Designforscherin. Auf diesem Bild trägt sie ein hellgrünes T-Shirt und posiert vor einer rosa Wand.

Tina Bobbe ist Industriedesignerin, Designforscherin und schreibt aktuell ihre Doktorarbeit an der Technischen Universität Dresden.

Man sieht eine Säule aus Tüll in grün. Sie steht in einem mit Tüll verkleideten Raum.

In ihrer Freizeit kreiert sie Produkte und Welten mit Midjourney, einem KI-Tool.

Du bist Industriedesignerin und arbeitest als Designforscherin. Wie beeinflusst KI deine Arbeit?
TB: Als Wissenschaftlerin in der Endphase der Doktorarbeit sind textgenerierende KIs natürlich interessant, aber leider noch nicht gut genug. Daher spielt KI in meiner Arbeit momentan keine grosse Rolle. 

Ist man nicht etwas wehmütig, wenn man so etwas Fantastisches kreiert und es sich aufgrund der inexistenten Ressourcen nicht herstellen lässt?
TB: Nein, ich bin es nicht. Das Bild reicht mir.

Was glaubst du, wie wird KI die Designwelt in Zukunft beeinflussen?
TB: Designer und Designerinnen können schneller als vorher Ideen visualisieren und in Zukunft bestimmt auch umsetzen. Handwerkliche Skills sind dann potenziell weniger wichtig, aber die KI muss einerseits gefüttert und der Output bewertet werden. Dafür werden auch weiterhin analytische Skills mit Designexpertise gebraucht. 

Schafft KI aus deiner Sicht somit eine Demokratisierung von Ressourcen?
TB: Tendenziell schon. Wie eben schon erwähnt, ist das Generieren von Designvarianten aber nur einer von vielen Schritten im Designprozess. 

Ein rosa-glänzendes, aufgeblasenes Auto.

Aufgeblasen: MitTäuschung spielt Tina Bobbe in ihrer virtuellen Welt immer wieder gerne.

Worin liegt der Wert eines Objekts und wird er durch KI abgewertet? 
TB: Es geht in diesem Fall ja um Objekt-Visualisierungen. Die hat es «vorher» übrigens auch schon gegeben; die haben nur viel länger gedauert anzufertigen, weil erst Photoshop angeschmissen oder ein 3D-Modell entwickelt werden musste. Liegt der Wert einer Darstellung in der Erstellungszeit? Ich würde sagen: Nein. 

Welches von dir mit KI kreierte Objekt oder welche Welt hättest du gerne in Wirklichkeit umgesetzt?
TB: Ist das eine Fangfrage? Natürlich eine Kaffeemaschine. Nummer drei aus der Marmor Edition, bitte. 

Eine bunte Kaffeemaschine, bestehend aus unterschiedlichen Marmorarten.

Könnte sie wählen, würde sich die Designerin für diese Kaffeemaschine entscheiden.

Was ist die grösste Schwierigkeit, mit KI zu arbeiten? 

TB: Aufzuhören, es macht süchtig!