Auf den ersten Blick wirken die bonbonfarbenen Objekte auf dem Tisch wie aus Knetmasse gefertigt, so ungewöhnlich sind ihre Linien und Formen. Erst bei der Berührung des offenporigen Porzellans begreift man die Kunstfertigkeit, mit der dieses Teeset gefertigt wurde. «Tongue Pelican» ist eine Hommage an die ikonische Teekanne «TAC», die Walter Gropius einst für Rosenthal gestaltet hat. (Dabei blieb es übrigens nicht: Gropius hat neben der Porzellanfabrik in Selb auch eine Unterkunft für das Rosenthaler Hausschwein Roro entworfen. Umgesetzt wurden der Schweinepavillon indes nicht, da die Porzellanmaler dagegen in Streik traten. Dies nur nebenbei...)
Gestalterin des aussergewöhnlichen Teesets ist Bethan Laura Wood aus London. Wer die Designerin je selbst getroffen hat, weiss, weshalb sie auch in der Masse designaffiner Hipster nicht untergeht... Im Gespräch erklärt sie uns, was sie in ihrem Schaffen antreibt.
Sie arbeiten mit ganz verschiedenen Materialien. Was reizt Sie speziell an Keramik?
Bethan Laura Wood: Ich liebte das Material schon als ich klein war. Ich erinnere mich, dass ich als Kind verzweifelt gewartet habe, bis ich alt genug war, um samstags in die Keramikklasse zu gehen – das Mindestalter war sieben. Als Teenager verbrachte ich meine Wochenenden bei einer Keramikkünstlerin. Ich bereitete die Rohmasse für sie vor und sah ihr zu, wie sie die Raku-Brenntechnik anwendete oder Farbeffekte mit Bananenschalen und Teebeuteln testete. Während meines BA's setzte ich mich intensiv mit dem Formenbau auseinander. Mich fasziniert die Art und Weise, wie eine bewegliche Masse in sich wiederholende, kontrollierte Formen transformiert. Und ich liebe die Haptik von Keramik und ihre Lebendigkeit in jeder Produktionsphase.
Wie haben Sie das Bauhaus-Thema in Ihre Arbeit für Rosenthal integriert?
BLW: Für «Rhythm» setzte ich mich mit der Arbeit der Bauhaus-Weberinnen auseinander, allen voran Anni Albers. Bei «Tongue» mischte ich Referenzen und Details des Teesets «TAC», das Walter Gropius für Rosenthal entworfen hat. Die Art, wie Henkel und Deckel miteinander kommunizieren, die Proportionen und die Verjüngung des Körpers verweisen auf andere Designer, die mit Rosenthal zusammengearbeitet haben, etwa Eduardo Paolozzi oder Tapio Wirkkala. In die Farbpalette habe ich ein warmes Flamingopink integriert. Mir gefiel die Idee, damit die Flamingos zurückzubringen, die früher in der von Gropius gebauten Fabrik gelebt haben.
Welches waren die material- und prozessspezifischen Herausforderungen?
BLW: Ich war beeindruckt von der Fähigkeit Rosenthals, perfekte Kurven oder extrem glatte Oberflächen zu schaffen. Mich fasziniert auch, wie die Formen der Modelle abgeändert werden, um die Verformungen auszugleichen, die später vom Brennprozess ausgelöst werden. Ich wollte an die Grenzen des Machbaren gehen, um diese Kunstfertigkeit zu unterstreichen. Auch die Verbindung verschiedenfarbiger Rohmassen ist sehr anspruchsvoll. Rosenthal hat mich voll dabei unterstützt, dieses Wagnis einzugehen. Das war grossartig.
Ihre Arbeit ist geprägt von Ihrem charakteristischen Umgang mit Farbe. Was bedeutet Ihnen Farbe?
BLW: Ich sehe und interpretiere die Welt primär durch Farbe. Ich liebe die Verbindung von Farben mit den Erinnerungen und Kulturen der Menschen.