Der Stoff, aus dem die Stille gemacht ist

Akustiktextilien

«Man kann durchaus sagen: Création Baumann ist ein Pionier der Akustiktextilien.» 
Eine Frau steht inmitten eines Ateliers umgeben von Textilmustern.

Eliane Ernst ist seit 30 Jahren für Création Baumann tätig.

«Bremsen Sie mich, falls ich zu weit aushole», lacht Eliane Ernst am anderen Ende der Leitung. Das tun wir nicht, denn die Produktmanagerin von Création Baumann hat viel zu erzählen. Bereits seit 30 Jahren ist sie für das renommierte Schweizer Textilunternehmen tätig, seit 2001 als Produktmanagerin und Kollektionsverantwortliche. Täglich bewegt sie sich im Spannungsfeld von Architektur, Raum und Mensch, setzt sich insbesondere intensiv mit funktionalen Textilien auseinander.

Verschiedene farbige Trennvorhänge zonieren einen luftartigen Raum mit langer Fensterfront.

Der schallreduzierende Akustiktrennvorhang «Acoustic Divider Vario» schafft im MDC Loft Berlin gezielt Ruhezonen und frische Farbakzente. 

Vor über 20 Jahren hat Création Baumann die ersten akustisch wirksamen Textilien für Architekt:innen und Planer:innen entwickelt. Wie kam es dazu?

ELIANE ERNST: Richtig, wir haben 2002 mit unseren Akustiktextilien gestartet – man darf Création Baumann also durchaus zu den Pionieren der Akustiktextilien zählen. Wir haben uns aber schon lange davor mit technischen Textilien auseinandergesetzt, und zwar in den Bereichen Verdunkelung und Blend- und Wärmeschutz. Entsprechend hatten wir Kollektionen einerseits im Bereich innenliegender Sonnenschutz und Wärme regulierende Textilien sowie Textilien für die Verdunkelung von Räumen – jeweils sowohl für private Wohnräume als auch für den Objektbereich, für Büros, Restaurants etc. Wir haben uns also schon früh mit funktionalen, technischen Textilien beschäftigt.

Was sind denn eigentlich technische Textilien?

EE: Im weiteren Sinn sind technische Textilien Stoffe, die eine Zusatzfunktion übernehmen. Für uns heisst das, dass sie neben dem dekorativen Nutzen einen Zusatznutzen aufweisen. Ein technisches Textil ist beispielsweise ein flammhemmender Stoff, ein Textil, das die Ausbreitung von Feuer verhindert. Oder ein Textil, das Schall absorbiert oder dämmt, um bei unserem Thema zu bleiben.
 
Genau, zurück zur ursprünglichen Frage… 
EE:
Schon früh pflegten wir einen sehr interessanten interdisziplinären Austausch mit Akustikern, Lichtpla­nerinnen und Architekt:innen und stellten dabei fest, dass das An­gebot an Textilien ex­plizit zur Optimierung der Raumakustik sehr klein ist. Vielleicht können Sie sich noch an die Designers’ Saturdays erinnern? Für eine dieser Veranstaltungen haben wir eine Installation zum Thema Licht, Sicht, Schall entwickelt, bei der die Wechselwirkungen von Textil in Beziehung zu Licht und Schall, und wie es die Sicht beeinflussen kann, untersucht wurde. Im Vorfeld dazu organisierten wir einen Workshop mit Akustikern und Lichtplanern, wobei uns der Akustiker von seinem Arbeitsordner mit Materialvorschlägen erzählte, die er den Architekten und Architektinnen als Beispiele für grössere Projekten präsentierte. Der Ordner umfasste zwei Textilien: einen klassischen Molton und einen Velours. Dies war für uns die Initialzündung – das Thema lag aber bereits länger «in der Luft». So begannen wir die in unserem Sortiment existierenden Textilien für öffentliche Räume – flammhemmende, dichte Stoffe – konsequent zu testen und bezüglich ­Absorptionsgrad auszuweisen. Daraus folgend haben wir die ersten 25 Akustiktextilien explizit für Akustiker:innen anbieten können. 
 

Wie muss man sich so eine Messung vorstellen? 
EE:
 Ein Hallraum-Test misst die akustische Absorption von Materialien, indem man den Raum mit einer Schallquelle anregt und untersucht, wie der Schall nach dem Ausschalten der Quelle abklingt (Nachhallzeit). Danach wird aus der Messung die Absorption bzw. der Absorptionsgrad der Materialien abgeleitet. Optimale Absorption reduziert den Nachhall und verbessert Sprachverständlichkeit. In der Raumakustik spricht man von einem optimalen Nachhall von etwa 0,5 oder 0,8 Sekunden je nach Raumnutzung; Kürzere Nachhallzeiten verbessern die Sprachverständlichkeit in Wohnräumen, Büroräumen, Restaurants etc.; geringe Absorption oder lange Nachhallzeiten  lassen Sprache undeutlich klingen und können sogar zu Echoeffekten führen.

Beim Hallraum-Test unserer Textilien wird eine bestimmte Quadratmeterzahl Stoff im Raum aufgehängt. Dabei positionieren wir die Stoffbahnen etwa 15 cm vor die Hallraumwand, was in etwa der Abstand eines Vorhangs zum Fensterglas ist. Einmal wird der textile Absorber als glatte Fläche aufgehängt, einmal als Vorhang in Wellen. Und dann messen wir, wie lange es in beiden Fällen dauert, bis der Schall Tonaufgehoben, wie lange die Nachhallzeit mit dem textilen Absorber dauert und wie der Anteil der Absorption in den verschiedenen Frequenzen ist.

Was genau sagt der Wert aus? 

EE: Der bewertete Schallabsorptionsgrad – definiert durch ein kleines «aw» – gibt an, wie gross die Effektivität des Materials ist, um die eindringende Schallenergie zu absorbieren. Wenn man also beispielsweise von einem Schallabsorptionsgrad von 0,8 spricht, dann bedeutet das, dass 80% des Schalls über das Material absorbiert wird. Und je mehr ein Material den Schall zu absorbieren vermag, ihn also absorbiert und ihn nicht durchlässt, desto effizienter ist er als Akustiktextilie. Aber auch die Faltung und die Positionierung des Textiles im Raum haben einen Einfluss. In der Raum Akustik sprechen wir immer von der Absorption, der Reflektion und der Transmission des Schalls.

 

Mut zur Farbe: Die Vertikallamelle «Fusio» ist nicht nur flexible Innenbeschattung, sondern auch ein extravagantes Gestaltungselement.

Der «Acoustic Divider Vario» dient als effektive Schallbarriere und verwandelt Bereiche in akustische Ruheinseln. 

Die äusseren Lagen des «Acoustic Divider Vario» bestehen aus hochwertigem Akustikstoff, im Inneren sorgt eine hochwirksame NoiseBlocker-Membran für eine Schalldämmung von bis zu 23 Dezibel. Ein bodendichtes Schutzband unterstützt dabei.

Die Arbeits- und Eventbereiche bei diesem Projekt in Heilbronn erhielten Vorhänge als textile Wände, die je nach Anwendung geöffnet oder geschlossen werden können.

So vielfältig das Akustikangebot von Création Baumann ist, alle Produkte beeinflussen den Nachhall und damit die akustische Raumwirkung positiv.

Das heisst, je höher der Absorptionsgrad eines Textils, desto besser ist die Raumakustik?

EE: Ja, aber nicht nur. Es hängt auch vom richtigen Verhältnis des Raumvolumen zu  Absorberfläche ab, von der Richtigen Platzierung des Akustikvorhangs im Raum oder von der gewünschten Raumnutzung ab.

Als Laie geht man davon aus: Je ­dichter oder dicker ein Stoff ist, desto akustisch wirksamer ist er. Stimmt das denn?

EE: Grundsätzlich gilt: Je schwerer, je dichter und je poröser ein Material ist, desto besser absorbiert es Geräusche. Die Dichte verhindert, dass der Schall durch den Stoff hindurchgeht, wie bei einem Netz. Die Porosität oder Struktur auf der Oberfläche hilft, den Schall «einzufangen», denn auf einer glatten Oberfläche reflektiert er. Und wenn der Stoff zu leicht ist, schwingt er mit dem Schall mit; wir wollen aber, dass er ihn aufhält.

Gerade in Bezug auf transparente Akustikstoffe hat Création Baumann ja auch eine Vorreiterrolle eingenommen...

EE: Ganz zu Beginn hatten wir den Fokus auf unsere schwereren Stoffe gelegt. Dank unserer intensiven Auseinandersetzung und dem Experimentieren mit diesen Parametern – Gewicht, Dichte, Struktur – sowie der Entwicklung mit Foliengarn, das ist ein spezielles Garn, mit dem Lücken in Gewebe verdichtet werden, konnten wir ab 2012 unsere transparenten Akustiktextilien auf den Markt bringen, was damals revolutionär war. «Alphacoustic» wurde als einer der ersten transparenten Akustikstoffe weltweit entwickelt und gehört nun zu unseren Klassikern. Und heute haben wir die Expertise, die Erfahrungswerte, das Entwicklungs-Know-how, um die Parameter so auszureizen, dass die Stoffe leicht wirken, natürlich aussehen, weniger technisch.«Filacoustic» und «Tropea», unsere neusten Produkte, weisen einerseits eine sehr natür­liche, schlichte Optik, andererseits moderne Designs auf.

Was können akustisch wirksame Textilien heute, was sie früher vielleicht nicht konnten?

EE: Durch das Wissen hat sich die Vielfalt vergrössert. Man hat die Wahl. Denn Akustiktextilien müssen nicht mehr schwer und dunkel sein oder die Optik und Haptik eines Hightech-Stoffes haben. Heute hat man unendlich viele Möglichkeiten und in der Akustik gilt stets die Frage nach dem Nutzerbedürfnis: Wann braucht man eine akustische Lösung und wofür? Für welche Art Raum? Wird er öffentlich genutzt, finden darin meetings statt? Wird darin geschlafen und man muss Licht absorbieren, oder muss der Vorhang lichtdurchlässig sein? Die Möglichkeiten haben sich sicherlich stark erweitert. Es gibt mittlerweile unzählige Textilien – von dicht bis transparent, mit unterschiedlichen Strukturen, in einer riesigen Farbauswahl. 

Unter den Anbietern für Akustiktextilien hat Création Baumann vermutlich das grösste Angebot?

EE: … weil wir uns seit 20 Jahren konsequent dem Thema Akustik widmen. Neben zahl­reichen blickdichten Lösungen verfügen wir über ein grosses Angebot an transparenten Akustikstoffen für Situationen, in denen auch die Lichtgestaltung relevant ist. Ein weiteres wichtiges Produkt konnten wir mit dem «Acoustic Divider Vario» entwickeln. Mit diesem akustisch hochwirksamen textilen System können Zonen im Raum geschaffen werden, in denen der Lärm um bis zu 23 Dezibel gedämmt wird. Es handelt sich dabei um ein drei- oder vierlagiges System, das den Raumklang nicht nur optimiert und für einen optimalen Nachhall sorgt, sondern mit dem effektiv Zonen akustisch getrennt werden können. Fast wie mit einer Wand. 

Heute sind wir also auf dem Stand, dass wir beides anbieten können: Schalldämpfung – also Absorption – oder Schalldämmung, Schallreduktion innerhalb des Raumes.

Mit der innovativen Eigenentwicklung «Acoustic Stripes» überträgt Création Baumann das Prinzip der klassischen Vertikallamelle für das Fenster auf die moderne Raumgestaltung und ergänzt den Sicht- und Blendschutz um eine akustische Funktion.

Die «Acoustic Stripes» bestehen aus flexibel und individuell einstellbaren Lamellen aus schallabsorbierenden Fasern.

Mit Digital-Transferdruck umgesetzten modernem Design setzt «Tropea» als vielseitig einsetzbarer Akustikabsorber neue Massstäbe – als Trennvorhang, Acoustic Divider Vario oder als Akustikpaneel.

Création Baumann hat die recycelten Absorberplatten «Absorber Recyceld» entwickelt, die in den Akustiklösungen «Acoustic Wall Cover» und «Acoustic Room Divider» zum Einsatz kommen.

 

Über Création Baumann

Das Schweizer Familienunternehmen entwirft, produziert und vertreibt innovative textile Lösungen für die Raumgestaltung. Das Portfolio der Marke umfasst Akustiklösungen, Einrichtungstextilen wie Vorhang- und Möbelstoffe, Funktionstextilien sowie Systeme für die Innenbeschattung. Weltweit führend im Bereich akustischer Lösungen für die Raumgestaltung, wird die Marke seit mehr als 130 Jahren angetrieben von einem Pioniergeist, der immer wieder für Textilinnovationen sorgt. Um dem Schutz von Mensch und Umwelt gerecht zu werden, ist Nachhaltigkeit ein zentraler Bestandteil der Marke Création Baumann. Mit einem bedeutenden Anteil der Produktionsprozesse in Langenthal, der Förderung von Recyclingprozessen auf allen Stufen und dem kompromisslosen Qualitätsanspruch an die Langlebigkeit der hochwertigen Textilien reduziert Création Baumann bei der Produktion seiner Textilien die Umweltbelastung auf ein Minimum.

www.creationbaumann.com