3 historische Umbauten in der Schweiz

Umgedacht

Den Ton getroffen – Alte Reithalle Aarau

Früher trabten hier die Pferde des Militärs in Formation, heute präsentieren Künstler*innen aller Sparten ihre einstudierten Choreografien und Stücke: Im Auftrag der Stadt Aarau sowie des Kantons Aargau wurde die Alte Reithalle in ein Veranstaltungshaus für sinfonische Musik, Tanz, Theater und zeitgenössischen Zirkus transformiert. Barão-Hutter konnte 2013 den Wettbewerb für das Mehrspartenhaus mit einem atmosphärisch bestechenden und nutzungstechnisch flexiblen Konzept für sich entscheiden. Dabei unterscheiden die Architekten nicht zwischen Publikums- und Spielfläche: Die gesamten 2000 Quadratmeter können je nach Bedarf als öffentliche Zonen oder Bühnenräume genutzt werden, was eine Vielzahl von Spielsituationen ermöglicht. Dies erforderte natürlich innovative technische Lösungen wie fahrbare Tribünentürme oder eine räumlich steuerbare Gebäudetechnik. Doch trotz aller Neuerungen bleiben die Materialien und die Halle von 1863 mit ihrem gestalterischen Wert die Hauptakteure. Gerade die historische Patina trägt nämlich entscheidend zur herausragenden Raumakustik bei.

Rollbare Tribünentürme, justierbare Absorber und fahrbare Kettenzüge im Dachraum – die alte Reithalle ist flexibel in ihrer Nutzung.

Rollbare Tribünentürme, justierbare Absorber und fahrbare Kettenzüge im Dachraum – die alte Reithalle ist flexibel in ihrer Nutzung.

Expressives, lichtreflektierendes Metall bestimmt die internen Treppen für die Künstler*innen.

Edle, schwere Stoffe sowie die porösen, rohen Betonsteine machen die Solistenzimmer und Garderoben ideal für die musikalische Nutzung.

Die Räume in den Betonkuben sprechen die Sprache des «backstage».

Unter Dach und Fach – Umbau Künstlerhaus Boswil

Gian Salis Architektur hat für die Stiftung Künstlerhaus Boswil das denkmalgeschützte Sigristenhaus von ca. 1700 mit Wohntrakt und anschliessendem Tenn und Stall in einer Hochstudkonstruktion zu einem hellen, luftigen Musikerhaus umgebaut. Gerade das gewaltige Dach, charakteristisch für die archaische Firstständerbauweise, typisch für den Aargau, stellte dabei eine Herausforderung dar: Um genügend Licht in die Räumlichkeiten zu bringen, mussten diese strategisch platziert werden. So entstanden im hohen Dachgeschoss zwei giebelseitig belichtete Proberäume, in den alten Kammern sowie im Heustock sieben Gästezimmer und in den Täferstuben im Erdgeschoss Büroräume. Verbunden wird alles durch eine neue Treppe im ehemaligen Tenn, wo die im 20. Jahrhundert eingezogenen Böden entfernt wurden, sodass der Hochstud bis in den First erlebbar wird. Tagsüber fällt dort durch ein Dachziegelfenster ein wandernder Sonnenfleck ins Gebälk und belebt dieses mit einem Licht- und Schattenspiel. Durch die geschickte Verteilung der Räume gelang es schliesslich, mit nur drei neuen, vom Denkmalschutz genehmigten Fenstern moderne, helle und akustisch optimierte Räume in der bestehenden Gebäudehülle unterzubringen – säuberlich unter Dach und Fach eben.

Hinter den Holzlamellen verbirgt sich der grosse Probesaal des Künstlerhauses in Boswil.

Der Blick vom kleinen in den grossen Probesaal zeigt die freigelegte Hochstudkonstruktion.

Im hohen Dachgeschoss entstanden zwei giebelseitig belichtete Proberäume mit optimierter Akustik für Musik-Proben.

In den alten Kammern im Obergeschoss sowie im Heustock wurden 7 Gästezimmer mit je eigenem Bad erstellt.

Bei einem früheren Umbau wurde die Dachtraufe über dem Wohntrakt angehoben, wodurch diese geschwungene Dachform entstand.

Von der Mühle zum Wohnhaus – Neu organisiert

Den Einwohnern von Wetzikon dürfte das Gebäudeensemble am Aabach an der Strasse nach Aathal bekannt sein, viele haben es wohl aber bislang nicht wirklich zur Kenntnis genommen. Nach der Sanierung durch Moos Giuliani Herrmann Architekten wird sich das ändern – das denkmalgeschützte Gebäude vermittelt heute eine Präsenz, die seiner Geschichte – als Mühle, Spinnerei und Wohnhaus – Rechnung trägt. Die Stegenmühle gehört zu den ersten Industriebauten des Aathals, im Obergeschoss hat der «Spinnereikönig» Heinrich Kunz 1815 die ersten Spinnstühle für Angestellte eingerichtet. Vor dem Umbau befand sich das Haus mit zehn ineinander verschachtelten Wohnungen in einem stark sanierungsbedürftigen Zustand. Dank zwei Strategien konnte eine Auskernung verhindert werden: Der Einbau von Maisonette-Wohnungen ermöglichte den Erhalt der historischen Innendecken, da die Zwischendecken keine Anforderungen in Bezug auf Schall- und Brandwiderstand erfüllen müssen. Der Einbau eines massiven Betonkerns übernimmt die statische Stabilität und entlastet auch hier die Anforderungen an die historische Konstruktion und ermöglicht so deren Erhalt.

Vor der Entkernung gerettet: Die Stegenmühle in Wetzikon nach der erfolgreichen Sanierung.

Ein neuer Kern aus Beton gewährleistet die Erdbebensicherheit …

… und nimmt Erschliessung und Nasszellen auf.

Die hohe Ausführungsqualität der Zimmermannsarbeiten zeigt sich an neuen Elementen wie auch an den Bestandsarbeiten.

Die Decken mit den alten Verkleidungen konnten – wie hier in der Müllerstube – erhalten werden.