Hand. Werk. Kunst.

Landleben für Kreative

Funken sprühen in die Metallwerkstatt. Julie schneidet aus einer Stahlplatte die Schirme für ihre erste Wand- und Tischlampe aus. Die Innenarchitektin, die in Lyon mit ihrem Vater Boutique-Hotels der Marke «èhôtels» betreibt und gestaltet, nimmt am Schnupperworkshop «Metall» auf dem Campus MaNa in der Bourgogne teil. «Nicht nur entwerfen, selber machen und weiterbilden» heisst ihr Credo, das sie mit den anderen Teilnehmer:innen in diesem Kurs teilt.

 Die Designerin Matali Crasset (links) ist als Dozentin fast ein  Stammgast.

Landidyll mit Weiher: Auf den 40 Hektar einer ehemaligen Veterinärhochschule erstreckt sich der Designcampus.

Beim Workshop «Färben mit Pflanzenfarben» werden innovative und alte Färbetechniken auf Naturbasis gelehrt.

Auf dem 40 Hektar grossen Gelände einer ehemaligen Veterinärhochschule hat das Pariser Unternehmerpaar Sophie und Thomas Dariel 2023 die Akademie für Kunsthandwerk und Design eröffnet. «Mit einem Architekten als Vater und einem Stiefvater, der Wirtschaftshochschulen gründete, bin ich im Spannungsfeld zwischen Kreativität und Bildung aufgewachsen – der Campus MaNa bringt das zusammen», sagt der Gründer und Designer Thomas Dariel. Namhafte Dozent:innen wie Erwan Bouroullec, Matali Crasset, Jean-Charles de Castelbajac oder die Schweizer:innen Julie Richoz und Ruedi Baur unterrichten seitdem in dem idyllischen 1000-Seelen-Dorf Champignelles – nur zwei Autostunden von Paris entfernt – das nun Kreative aus aller Welt anzieht. Landluft und Kommunengefühl zwischen Werkstatt und Gedankenaustausch bei gemeinsamen Mahlzeiten auf der grünen Wiese – Campus MaNa ist ein multidisziplinäres Konzept, bei dem sich Thomas Dariel von seinen grossen Vorbildern, den Wiener Werkstätten und der Memphis-Bewegung, inspirieren liess.

Frühstücksbuffet auf Holztisch

Zu Tisch: Gemeinsame Mahlzeiten und ausgiebige Gespräche gehören zum Programm.

Mit seinen Möbeln für Maison Dada hat Thomas Dariel längst den internationalen Designmarkt erobert und ihn einer fröhlichen Farben- und Formentherapie unterzogen. Alles begann in Shanghai. Dort eröffnete er 2006 mit Anfang 20 sein Innenarchitekturbüro Dariel Studio und wurde schnell zum Lieblingseinrichter der jungen chinesischen Wirtschaftsboomer, die mit Bauhaus-Dogmen und Pantone-Paletten nicht viel am Hut hatten, sondern einen eigenen Stil suchten. Aus den anfangs massgefertigten Möbeln und Einzelstücken wurde 2016 die Marke Maison Dada, die heute weltweit vertrieben wird. Dariels Entwürfe gehören zur Sammlung des staatlichen französischen Archivs «Mobilier National», 2022 verlieh ihm Emmanuel Macron den renommierten French-Design-Preis.

Arbeitsecke in Altbau-Zimmer

Schöner studieren: eines der Gästezimmer mit Blick auf den grosszügigen Garten des Campus.

Bett mit Nachttisch bei gedämpftem Licht

Die Gästezimmer sind mit Maison-Dada-Möbeln bestückt – die Möbelmarke, die Thomas Dariel 2016 in Shanghai gründete.

Wie viele Hände das Paar besitzt, fragt man sich, denn neben dem Campus MaNa in der Bourgogne und Maison Dada in Paris führt es auch das Dariel Studio mit 20 Mitarbeitenden in Shanghai weiter. «Das geht nur, wenn man Verantwortung teilt und föderalistisch arbeitet», sagt Thomas, der seinen unverkennbaren Designstil auch bei Marken wie Cappellini oder Moroso einbringt. «Er braucht einfach ständig neue Herausforderungen», lacht Sophie. Wir sitzen auf der Terrasse des alten Herrenhauses an einem langen Holztisch, den Thomas bei einem der ersten Tischler-Workshops auf dem Campus selbst gebaut hat. «Perfekt ist er nicht», sagt er und zeigt auf mehrere Sägepatzer. «Bei Maison Dada würde er glatt durch die Qualitätskontrolle fallen.» Doch genau darum gehe es hier: selber machen, sich ausprobieren, das Handwerk schätzen lernen und Demut vor dem Material entwickeln. Dann verschwindet er in die Metallwerkstatt, um sich wie seine Studentin Julie zum ersten Mal an Walze und Fräse zu versuchen. Immer hands-on.

Portrait von Thomas Dariel

Designer und Gründer Thomas Dariel ist überzeugt: Nichts erfüllt die kreative Seele mehr als das Selbermachen.

Weitere Informationen: www.campusmana.com