Tradition mit einem Touch Science-­Fiction

Gastro-Highlight am Zürcher Hauptbahnhof

Jahrelang hat man den Zürcher Hauptbahnhof nur eingerüstet gekannt. Wie eine verpuppte Raupe hat das Gebäude von 1871 in seiner Verhüllung geschlummert, und wie ein fröhlich-bunter Schmetterling begrüssen mich nun, nach der Enthüllung, die grün-weiss gestreiften Sonnenschirme und rosa Tischchen auf der Terrasse vor der neu gestalteten ­Brasserie Süd.

Gerade ist Mittagszeit, in der Brasserie herrscht reger Betrieb, die Stimmen der Gäste hallen zwischen den hohen Sandsteinsäulen der ehemaligen ­Wandelhalle empor bis zur restaurierten Stuckdecke in zartem Hellgrün und Hellblau. Vor zwei Jahren sah hier alles noch ganz anders aus.

Brasserie Süd

Der über die Jahre ­immer mehr verbaute Südtrakt des Haupt­bahnhofs kehrt dank der Sanierung wieder zu ­seiner alten grosszügigen Transparenz zurück.

Rollende Planung

«Als wir mit der Planung begannen, wurde im Südtrakt gerade der Grundausbau im Rahmen der siebenjährigen Gesamtsanierung des HBs gemacht», erzählt Architektin Deborah Suter, die mit ihrem Architekturbüro Suter Plus für den Ausbau der Brasserie verantwortlich ist. «Für uns war es eine ­rollende Planung, wir haben oft mit Plänen gearbeitet, die noch nicht vollständig nachgeführt waren.

Bei einer Bauzeit von nur acht Monaten erforderte dies eine konstante Absprache mit den SBB, der Fachplanung sowie unserem eigenen Team. Zum Glück konnten wir beim Gül Express bereits Erfahrungen mit dem Einbau eines Restaurants in ein ­grösseres Gebäude der SBB sammeln. Das hat uns sicher einen Vorteil verliehen für diese komplexe Aufgabe», meint Suter.

Wie genau sich die gelb verzinkten Stahlpaneele bei der Oberflächenbehandlung verfärben würden, konnte man nicht vorhersagen. Dies erforderte viel Vertrauen vonseiten der Bauherrschaft.

Das Eichenholz, das auch im Bestand ­vorkommt, dient als ­Verbindungsglied ­zwischen Alt und Neu.

Eine ruhige, gemütliche Lounge-Ecke verbirgt sich unter dem Balkon der denkmalgeschützten Da Capo Bar, die bei den Umbauarbeiten unverändert bestehen blieb.

In enger Zusammenarbeit mit den Betreibern

Die Gestaltung entstand in enger Zusammenarbeit mit den Bauherren Valentin Diem und Nenad Mlinarevic, die für das gastronomische Konzept der Brasserie verantwortlich sind. «Passend zum Foodkonzept haben wir unsere Gestaltung an die Raumkomposition einer traditionellen Brasserie angelehnt», ­erzählt Suter.

So gliedern eingebaute, mit Velours und Leder gepolsterte Bänke den länglichen Raum in gemütliche Sitznischen. Alle Elemente des Innenausbaus – von der Küche über die Bar bis zu den Lampen – wurden von Suter Plus selbst entworfen und mit möglichst lokalen Partnern ausgeführt.

Weltall-Teppich von Sula

Mit der Materialisierung setzten die Architekt:innen auch bewusst Kontraste zu der altehrwürdigen, denkmalgeschützten Bausubstanz. So bedeckt zum Beispiel ein 28 Meter langer Weltall-­Teppich vom Zürcher Label Sula – unter anderem aus akustischen Gründen – den Steinboden. Alle Schlosserarbeiten wurden zudem in gelb verzinktem Stahlblech ausgeführt, was das spacige Element des Teppichs aufgreift.

«Das Schöne an diesem Projekt war, dass uns von der Bauherrschaft viel Vertrauen entgegengebracht wurde und wir Material­experimente wie die grossen, gelb ­verzinkten ­Paneele wagen konnten. Auch war es einzigartig, dass wir viel Zeit in die Planung von Details investieren konnten.

So sind ­Elemente wie die Leuchten entstanden, die wir nun einzeln produzieren und weiterverwenden können», so Suter. Das Resultat ist ein gelungener Mix aus traditionellen und futuristischen Elementen, aus Charme und Coolness. Ein Abstecher in dieses eigene Universum lohnt sich bei der Durchreise auf jeden Fall, oder auch mal einfach so.

www.brasserie-sued.ch

www.suterplus.ch