Eine Ode an die Tomate

Seltene Sorten am Setzlingsmarkt

Korb mit Tomaten auf rotem Tisch

Als uns die Nachricht vom Tomatensetzlingsmarkt in der Stadtgärtnerei Zürich am 26. und 27. April 2019 erreichte, war von allen Seiten wohlwollendes Interesse zu spüren. Von Hobbygärtnern über stolze Träger eines grünen Daumens bis hin zu den Pflanzenzucht-Amateuren – dem Charme der Tomate schien jeder erlegen. Das ganze Jahr über strahlt sie uns in ihrer verführerischen Röte im Supermarkt entgegen; sie ist verlässlich, vertraut und dank der Initiative von Organisationen wie ProSpecieRara und Bioterra, ihres Zeichens Mitveranstalter des Setzlingsmarkts, auch verspielt vielfältig.

Die Tomate per se ist weder aus unseren Speisekammern noch aus unserem Rezeptsortiment wegzudenken und spielt in so ziemlich jeder Küche der Welt eine tragende Rolle. Doch wie wenig wissen wir über sie! Ich erinnere mich noch an den Moment, in dem mir das bewusst wurde. Die Stimme von einem kratzigen Laufband in einem der Hop-on-hop-off-Busse in Rom verkündete irgendwo zwischen Circo Massimo und Palazzo Venezia, dass die Tomate, die ich seit Jahrhunderten Teil der kulinarischen DNA Italiens hielt, erst in den 1880er Jahren ihren Siegesmarsch durch die europäischen Küchen antrat.

Inzwischen zählt man über 2500 Sorten, die längst über die klischierte runde, rote Frucht hinausgewachsen sind. Auch in den besser sortierten Supermärkten finden sich inzwischen die exotischsten Abwandlungen, sodass es immer wieder neues im Tomatenregal zu entdecken gibt. Die Geschichte der Tomate geht auf die frühen Azteken (ca. 700 n. Chr.) zurück und man nimmt daher an, dass sie aus Amerika stammt. Erst um das 16. Jahrhundert herum schaffte sie es nach Europa, als die Entdecker loszogen, neue Länder zu erkunden und die Tomate als Neuentdeckung mitbrachten.

Verschiedene Tomaten in unterschiedlichen Reifestadien und Farben

Mit 72 Sorten verspricht der Tomatensetzlingsmarkt eine bunte Vielfalt. Vor allem intensiv «tomatige» Aromen und spannende Optik seien bei den angebotenen ProSpecieRara-Sorten ausschlaggebend.

Im 19. Jahrhundert sorgten die zunehmenden Migrationsströme von Europa nach Amerika bereits für neuen kulturellen Austausch am Kochherd.  Als schliesslich der Legende nach in Napoli die Pizza entstand, um den Besuch der Königin Margarite zu feiern, war die Tomate nicht mehr aufzuhalten. Die Geschichte besagt, dass ein Koch die erste Pizza aus drei Zutaten herstellte, die die Farben der damals neuen italienischen Flagge repräsentierten: Das Rot lieferte die Tomatensauce, das Weiss der Mozzarella-Käse und das Grün das Basilikum. So entstand die Pizza Margarita und verhalf der Tomate zu ihrem Durchbruch.

Welch kulturelle Tragweite sich also an der Tomate ablesen lässt! Die Begegnung zwischen Europa und Amerika war vielleicht der wichtigste Akt der Globalisierung in der Geschichte: Zwei verschiedene Kulturen prallten aufeinander und läuteten eine neue Zeit ein. Auch heute lassen sich gesellschaftliche Tendenzen auf die Tomate übertragen, wie sich die allgemeine Begeisterung auf den Setzlingsmarkt in der Redaktion deuten lässt. Wandeln wir uns wieder vom reinen Konsumenten zum Produzenten in Sachen Nahrung?

Die private Tomatenzucht eröffnet ganz neue Felder: «Faktoren wie Lager- und Transportierbarkeit oder maschinelle Erntbarkeit, wie sie bei Handelssorten im Vordergrund stehen, sind beim privaten Anbau irrelevant», heisst es von Seiten ProSpecieRara. Bereits ein kurzer Blick in die beeindruckende Übersicht der 72 Sorten, die als Setzlinge zur Auswahl stehen, zeigt die Vielfalt für Balkonbepflanzer, Anfänger und (Schreber-)Gartenprofis, also auf an den Setzlingsmarkt und selbst wenn es nur zum Bestaunen der angekündigten Tomatenraritäten ist, huldigen wir doch der Tomate, dieser Königin des Gemüsebeets.

Der Tomatensetzlingsmarkt in der Stadtgärtnerei Zürich findet an folgenden Daten statt:

Freitag, 26. April 2019, 14-19 Uhr
Samstag, 27. April 2019, 9-13 Uhr

Ausserdem laden weitere ProSpecieRara-Setzlingsmärkte in der Deutschschweiz zur Aufrüstung der privaten Gemüsefront:

4./5. Mai – Wildegg/AG,
11. Mai – Wil/SG
12. Mai – Weggis/LU
18. Mai – Chur
19. Mai – Bern

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