Valentino Scussel

10 Fragen an …

Ein Mann sitzt in einem Restaurant

Der Designer Valentino Scussel im Roten Delfin in Zürich.

Valentino Scussel ist ein Schweizer Designer, der farbenfrohe, mutige Möbel und Objekte kreiert, die unsere Wohnräume lebendiger gestalten. Seine Entwürfe zeichnen sich durch handwerkliche Präzision und nachhaltige Fertigung aus, wobei jedes Stück in enger Zusammenarbeit mit lokalen Handwerker:innen in Zürich entsteht.

Scussel setzt bewusst auf Einzelanfertigungen, um Ressourcen zu schonen und gleichzeitig ästhetisch langlebige Objekte zu schaffen. In unserem Interview gibt er Einblicke in seine Arbeitsweise und verrät, was ihn inspiriert und wie er neue Herausforderungen angeht.

Valentino, dein KAMIN-Tisch ist ja ein echtes Multitalent – Esstisch, Arbeitsplatz und Ausstellungsfläche in einem. Was hat dich dazu inspiriert, so viele Funktionen in einem Design zu vereinen?

Valentino Scussel: Bevor ich mit einem neuen Design beginne, stelle ich mir immer zuerst die Frage: Welchen Mehrwert kann dieses Objekt bieten? In einer Zeit, in der es fast sinnlos erscheint, ständig neue Dinge – besonders Möbel – zu entwerfen, ist diese Überlegung für mich essenziell im Design- und Entwicklungsprozess.

Was könnte ein Tisch noch für Funktionen haben, als nur Tisch zu sein? Für mich ist es wichtig, Objekte zu schaffen, die Räume lebendiger und farbenfroher gestalten. Jedes Möbelstück, ob Tisch, Kerzenständer oder Stuhl, sollte im besten Fall beim Betrachter oder der Betrachterin eine Emotion auslösen.

Welche Farbe würdest du für deinen KAMIN-Tisch wählen, wenn er bei dir zu Hause stünde?

VS: Am liebsten würde ich den KAMIN in einer Zebramusterlackierung oder in einer Kuhfelllackierung sehen! Ich hoffe, es hat jemand mal den Mut zu einem Zebra-KAMIN.

Dein NININANA-Bett ist schraubenlos und minimalistisch gestaltet. Was war die grösste Herausforderung bei der Entwicklung?

VS: Eine besondere Herausforderung bestand darin, das Bett so zu gestalten, dass es leicht transportierbar ist. Dabei konnte ich auf die Expertise von Nils Widmer von Alonso Studios zurückgreifen, einem gelernten Schreiner. Gemeinsam fanden wir eine Lösung, indem wir die Matratzenauflage in vier gleich grosse Teile unterteilten. So lässt sich das Bett problemlos von einer einzelnen Person transportieren und montieren.

Das NININANA-Bett ist ein schraubenloses Produkt.

Das Bett kann von einer einzigen Person transportiert und montiert werden.

Jedes Produkt überzeugt mit durchdachten Details.

Du hast für den Roten Delfin, ein Restaurant an der Langstrasse, massgeschneiderte Tische entworfen. Wie sah deine Rolle konkret aus?

VS: Als Grundlage für das Tischdesign im Roten Delfin diente mir der grosse, weisse KAMIN Tisch für acht Personen. Ich habe verschiedene Anpassungen vorgeschlagen, damit der Tisch nicht nur praktisch für den Restaurantbetrieb ist, sondern auch durch sein Design auffällt.

Die Farbwahl des KAMINs stammt vom Team des Roten Delfins und harmoniert meiner Meinung nach perfekt mit der blauen Wandfarbe im Restaurant. Ein wirklich mutiges Farbkonzept und ein einzigartiges Design für Zürich! An dieses Projekt erinnere ich mich immer wieder mit Freude.

Der KAMIN-Tisch wurde speziell für den Roten Delfin weiterentwickelt und ist nun auch perfekt für ein Restaurant geeignet.

Für dieses Projekt wurde ein knallroter Tisch gewünscht, der schön mit dem Blau im Restaurantinnern kontrastiert.

Der weisse KAMIN-Tisch für acht Personen diente als Ausgangslage für dieses Projekt.

Was liebst du am meisten an deiner Arbeit, und was bringt dich manchmal zum Kopfschütteln?

VS: Ich liebe es, neue Ideen in meinem Kopf zu entwickeln und direkt in meiner Werkstatt umzusetzen – ohne detaillierten Plan. Meine Arbeitsweise ähnelt dabei eher der eines Künstlers oder einer Künstlerin als der eines Designers oder einer Designerin.  Am spannendsten ist es, wenn Kund:innen mir freie Hand lassen, etwa bei der Gestaltung eines Stuhls oder einer Leuchte.

Die grösste Herausforderung ist für mich aber der Gedanke an Nachhaltigkeit. Die Welt braucht keine neuen Produkte, daher produziere ich nur auf Bestellung und ausschliesslich in Zürich, um Ressourcen zu schonen. Zudem arbeite ich daran, alte Objekte so neu zu gestalten, dass man nicht erkennt, dass sie recycelt sind.

Dass du ausschliesslich auf Bestellung produzierst ist also ein bewusstes Statement gegen Massenproduktion?

VS: Das ist definitiv ein Statement – ein klares Zeichen gegen Verschwendung und Überproduktion, die enorme Mengen an Abfall erzeugen und unsere Umwelt zusätzlich belasten.  Ausserdem ist eine Massenproduktion für mich gar nicht möglich, da meine Möbel zu 90% in Handarbeit gefertigt werden.

Alle Betriebe, mit denen ich zusammenarbeite, liegen im Umkreis von 30 Kilometern um meine Werkstatt in Zürich. Dadurch sind meine Möbel zwar teurer als in der Massenfertigung im Ausland, aber dieser Ansatz hat einen entscheidenden Vorteil: Ich kann jeden einzelnen Fertigungsschritt überwachen und stehe in engem Kontakt mit den Handwerker:innen, was die Qualität meiner Produkte sicherstellt.

Wer oder was hat dich in letzter Zeit besonders inspiriert – sei es in der Architektur, Kunst oder im Alltag?

VS: Künstler:innen wie Memphis, Calder, Tinguely und Charlotte Perriand inspirieren mich, um nur einige zu nennen. Aber auch alltägliche Dinge, wie eine gebogenen Stange in einer Tram, eine Stütze an einer Bushaltestelle oder eine Bank vor einer Alphütte, können mir neue Ideen geben. Ich versuche, mit wachem Blick durch die Welt zu gehen, um mich von meiner Umgebung inspirieren zu lassen. Auch das Malen hilft mir, neue Formen und Muster zu entdecken, die später in meinen Designs auftauchen.

Ist schon einmal etwas schiefgegangen, das sich im Nachhinein als Glücksfall entpuppt hat?

VS: Das passiert oft und gehört zu meinem kreativen Prozess. Ich experimentiere mit verschiedenen Formen, stelle sie auf, schweisse sie zusammen, reisse alles wieder ab und beginne neu – solange, bis das Ergebnis in mir ein Gefühl der inneren Zufriedenheit auslöst.

Für seine Entwürfe lässt Scussel sich von Künstler:innen wie Memphis, Calder, Tinguely und Charlotte Perriand inspirieren.

Wie sehr beeinflusst der Raum, in dem du arbeitest, deine Designs? Gibt es Momente, in denen dein Atelier selbst zur Inspiration wird?

VS: Mein Raum ist in erster Linie mein Kopf. Natürlich habe ich viele Entwürfe, Bilder und Designstücke in meinem Atelier, aber die eigentliche Inspiration hole ich mir von aussen – von Spaziergängen, Fundstücken oder alltäglichen Objekten. Diese Eindrücke verarbeite ich dann in meinen Designs.

Woran arbeitest du gerade? Gibt es neue Materialien oder Ideen, mit denen du experimentierst? 

VS: Ich arbeite derzeit an einer neuen Idee – Hängeleuchten aus alten Wallhölzern, die ich in Brockenhäusern finde. Dabei versuche ich, Nachhaltigkeit, Funktionalität und Ästhetik miteinander zu vereinen. Leider habe ich noch keine fertigen Prototypen, aber es ist ein Projekt, auf das ich mich sehr freue.

www.valentinoscussel.design