Konstruktion, Wärmedämmung, Möbel – Holz kann alles zugleich sein. Der natürliche Baustoff wird auf innovative und sehr vielfältige Weise eingesetzt, wie auch die Preisträger beim Prix Lignum 2018 exemplarisch aufzeigen. Alle drei Jahre wird der Preis verliehen, um zukunftsweisende Arbeiten mit Holz zu würdigen. In fünf Grossregionen der Schweiz werden jeweils Bauwerke, Innenausbauten, Möbel oder Kunstwerke ausgezeichnet. Unter den ersten drei Rängen aus den Regionen werden drei nationale Gewinner mit Gold, Silber und Bronze geehrt.
Gold geht 2018 an das von Herzog & de Meuron entworfene Gipfelgebäude auf dem Chäserrugg im Toggenburg, das die vorhandene Bergstation und ein neues Restaurant integriert. Der Bau fasziniert innen wie aussen ob des virtuosen Umgangs mit Holz und setzt für die klassische Zimmermannskunst neue Massstäbe, wie die Jury befand. Trotz der ausdrucksstarken Architektur passt das Gebäude hervorragend in die sensible Umgebung auf 2262 Metern über Meer. Mit Ausnahme des Krans wurde das gesamte Material mit der Seilbahn auf den Chäserrugg transportiert, und ortsansässige Handwerker erstellten den Bau auf ressourcenschonende Weise. (Architektur: Herzog & de Meuron, Basel; Holzbau: Blumer-Lehmann, Gossau)
Silber gibt es für das erste Holzhochhaus der Schweiz, das zehngeschossige, bis zu 36 Meter hohe Bürogebäude «Suurstoffi 22» in Rotkreuz. Burkard Meyer Architekten und Erne Holzbau entwickelten ein System, mit dem der Bau schnell und mit hoher Präzision realisiert wurde. Die Unterzüge und Stützen aus Holz zonieren die Büros, und das unverkleidete Material sorgt für eine angenehme Atmosphäre in den Räumen. Von aussen ist der Holzbau nicht sofort erkennbar, da er mit einer Alucobond-Fassade verkleidet ist, die in ihrer Gliederung jedoch typische Holzbaumerkmale interpretiert. (Architektur: Burkard Meyer Architekten, Baden; Holzbau: Erne Holzbau, Laufenburg)
Mit Bronze wurden die Langhäuser auf dem Freilager-Areal in Zürich bedacht, bei denen der Architekt Rolf Mühlethaler Holz konsequent und auf vielfältige Weise einsetzte. 187 Wohnungen beherbergen die bis zu 100 Meter langen und sechs Geschosse hohen Bauten, die bis auf die aussteifenden Erschliessungskerne komplett aus Holz gebaut sind. Aus der repetitiven Strenge des industriellen Holzbaus mit Tausenden gleichen Fassaden- und Bodenelementen entwickelte der Architekt eine anmutige Architektursprache mit einer fein rhythmisierten Fassade und wohlüberlegten Materialabstufungen. Dabei ist alles aus Holz: dunkel die druckimprägnierten Fassadenelemente, hell die Decken der Veranden, lackiert die runden Stützen. (Architektur: Rolf Mühlethaler Architekt, Bern; Holzbau: Renggli, Schötz)
Neben Gold, Silber und Bronze wird auf nationaler Ebene zudem der Sonderpreis Schweizer Holz vergeben. Um sich für diesen zu qualifizieren, müssen die Objekte das Herkunftszeichen Schweizer Holz HSH von der Lignum Holzwirtschaft Schweiz erhalten haben. Für das Label muss das verwendete Holz zumindest zum Grossteil in der Schweiz gewachsen und auch hier verarbeitet worden sein. Beim Prix Lignum 2018 teilen sich vier Projekte ex aequo den Sonderpreis Schweizer Holz:
Das Mondhaus in Alpnach ist aus regionalem Mondholz gebaut: geschlagen um Weihnachten, kurz vor Neumond, wenn die Bäume am wenigsten Saft enthalten. Konstruiert ist es durchgehend aus Vollholzelementen, die aus unverleimtem und gedübeltem Brettstapel bestehen. Aussenhülle, Innenwände, Decken, Dämmung und Möbel, all das leistet die Massivholzbauweise. Zwei Stampflehmmauern regulieren die Luftfeuchtigkeit und speichern die Wärme des Stückholzofens. (Architektur: Seiler Linhart Architekten, Luzern/Sarnen; Holzbau: Küng Holzbau, Alpnach)
Das Verwaltungsgebäude der Freiburger Kantonspolizei in Granges-Paccot überzeugt die Jury mit seiner Klarheit und Einfachheit. Genutzt wurde Holz aus den kantonseigenen Wäldern; insgesamt besteht das Gebäude fast komplett aus Schweizer Holz. Hinter der streng gegliederten Alucobond-Fassade sorgt der natürliche Baustoff für eine angenehme Arbeitsatmosphäre. (Architektur: deillon delley architectes, Bulle; Holzbau: Brawand Zimmerei, Grindelwald)
Im Natur- und Tierpark Goldau trägt, verkleidet und schmückt Holz den 30 Meter hohen Aussichtsturm, der schräg in der Landschaft zu stehen scheint. Im Innern führt ein verspielter Weg nach oben, von wo man über den Tierpark bis zum Lauerzersee blickt. Konstruiert ist der Turm aus Brettschichtholz; die Fassade ist aus Brettern gefügt, zwischen denen feine Schlitze Licht und Luft ins Innere lassen. (Architektur: Gion A. Caminada, Vrin; Holzbau: Annen Holzbau, Goldau, Schillinger Holz, Küssnacht)
Unprätentiöse, aber sorgfältige Architektur zeichnet die Produktionshalle der BLS in Bönigen bei Interlaken aus. Die Vorteile modernen Holzbaus wurden dem Zweck entsprechend optimal genutzt: grosse Spannweiten für hohe Lasten, kurze Bauzeit dank Vorfertigung, Wirtschaftlichkeit und ein regionaler Baustoff. Und trotz der grossen Lasten wirkt das Tragwerk elegant. (Architektur: Schwaar & Partner, Bern; Holzbau: Brawand Zimmerei, Grindelwald)
Die nationalen Preisträger beim Prix Lignum werden von der Jury aus den drei erstplatzierten aus den fünf Grossregionen West, Mitte, Zentrum, Nord und Ost ausgewählt. Zudem gibt es in jeder Region Anerkennungen. Unsere Auswahl demonstriert die enorme Bandbreite an Holzbauten eindrücklich. Und der Prix Lignum prämiert ja nicht nur Bauwerke - auch wenn sie den grössten Anteil ausmachen - sondern auch Innenausbauten, Möbel und Kunstwerke aus Holz. Diese sind ebenfalls sehr sehenswert: