Als die Architekten Sancho Igual und Yves Guggenheim ein schmales Grundstück an steiler Hanglage in Zürich erwarben, wussten sie, dass keine leichte Aufgabe auf sie wartete. Vorangegangene Projekte waren bereits durch Rekurse blockiert worden. Das Grundstück war mit vier Garagen bebaut; zwei davon gehörten zum Nachbarhaus und mussten in die Planung integriert werden. «Uns war bewusst, dass wir ein Risiko eingingen. Nach Gesprächen mit den Rekurrenten waren wir aber zuversichtlich, eine Lösung finden zu können. Unsere Motivation war, diese Nuss knacken zu können», sagt Sancho Igual. Das war 2007. Zehn Jahre später entstand in der ruhigen Wohngegend im Zürcher Engequartier ein Mehrfamilienhaus mit markanter Silhouette, dass sich dennoch ins Strassenbild einfügt.
Komplexe Ausgangslage
«Die Entwicklung des Gebäudes war eine Odyssee», so Sancho Igual. «Wir rissen die zum Grundstück gehörigen Parkplätze ab und planten unseren Bau um die verbleibende Garage herum. Aufgrund der Voraussetzungen war der Rahmen sehr eng.» Baugesetzliche Restriktionen wie der sogenannte Vorgartendrittel (zwei Drittel des Grundstücks müssen begrünt sein) konnten im Dialog mit der Stadt gelöst werden – die bestehenden Parkplätze und die steile Hanglage erforderten eine Ausnahmeregelung. Die Architekten hatten erst ein Flachdach geplant, das jedoch durch einen Rekurs verhindert wurde. Als kurz vor der Einreichung des Baugesuchs eine Änderung der Bauzonenverordnung hinzu kam, starteten Igual und Guggenheim nochmals von vorn.
«Wir bewegten uns in einem extrem engen Korsett, hatten aber die Zeit, das Projekt so lange köcheln zu lassen, bis es ausgereift war», so Igual. Ein Eintrag aus den 1950er-Jahren gab vor, dass nur drei Geschosse gebaut werden durften – was unter der vorgegebenen Höhenbeschränkung der Stadt liegt. Auch ein Satteldach mit getönten Ziegeln war Pflicht.
«Die Wahl der sepiafarbenen Ziegel gab gleichzeitig den dunklen Farbton des Gebäudes vor.»
«Wir wollten nicht, dass sich das Dach additiv zur Gebäudehülle verhält, das Ganze sollte eine Einheit bilden. Die Lärchenholzfassade wurde mit schwarzer, offenporiger Schwedenfarbe gestrichen; ein natürliches Produkt basierend auf einer Roggenmehlrezeptur», so die Architekten. Sie mochten die Idee eines tiefdunklen und gleichzeitig zurückhaltenden Baus in diesem beschaulichen Quartier. In der Gebäudesilhouette griffen sie das Erkerthema der Nachbarhäuser auf. Auch die Dachform bindet das beinahe skulptural anmutende Gebäude thematisch in das Quartier ein, durchbrochen von einer prägnant hervorspringenden Dachgaube.
Vom Problem zur Qualität
Die Architekten nutzten den Hang zur Schaffung individueller Wohnungseingänge. Durch eine schmale Treppe von der Strasse aus erreichbar, liegen nordseitig jeweils zwei Eingangstüren neben- bzw. übereinander. Einzig die Tür der 3.5-Zimmerwohnung im Erdgeschoss geht zur Strassenseite hin. Durch ihre Lage profitiert die eingeschossige Wohnung von einer grossen Terrasse, die auf dem Dach der verbleibenden Garage angelegt wurde. Die übrigen, ineinander verschachtelten Wohnungen erstrecken sich über zwei Etagen. Indem die Architekten die Topografie zum Thema machten, schufen sie aus der schwierigen Ausgangslage eine Qualität. «Die Duplexwohnungen sind klein und kompakt. Durch die Zweigeschossigkeit und das in den Wohnraum integrierte Treppenhaus entsteht ein Gefühl von Grösse. Zudem sind so beide Seiten bespielbar, was den Wohnungen in der Aussenraumnutzung und vom Licht her zugute kommt», sagt Igual. Zusätzlich zu den individuellen Eingangstüren sind alle Wohnungen durch einen zentralen Lift von der Garage aus erreichbar.
Aussen dunkel, innen hell
Im Konrast zu der dunklen, markanten Fassade sind die Wohnungen hell und licht. Weisse Küchenfronten, fein aufeinander abgestimmte Farbnuancen und Weissputz harmonieren mit dem geölten Eichenparkett. Die Bäder wurden mit olivgrauen Mosaikplättchen ausgekleidet. «Im Wohnungsbau sind wir oft mit Bauherrschaften konfrontiert, die Innenräume möglichst neutral und nüchtern gestalten möchten. Dass wir für einmal selbst Entscheidungsträger waren, gab uns die Freiheit, Akzente zu setzen – so ist eine der Sichtbetonwände petrolgrün gestrichen, die salbeifarbenen Türen wurden genau auf die etwas helleren Betonwände im selben Farbton abgestimmt. Igual erklärt: «Solche Farbtupfer, das offenporige Parkett oder der Weissputz werden im Mietwohnungsbau selten eingesetzt. Wir sind aber überzeugt, dass dies nachhaltig funktioniert. Und Mieter, die unsere Architektur schätzen, konnten wir uns ja aussuchen.»