Eine Metamorphose

1. Etappe: Umbau am Zürcher Rennweg

Zweiteilig: An der Fenstereinteilung der ­Rennweg-Fassade ist erkennbar, dass es sich ursprünglich um zwei Häuser handelte.

Visitenkarte: Die Schaufensterfront zur Fussgängerzone des Rennwegs bleibt erhalten, wird jedoch neu gestaltet.

Bijou: Im hinteren Bereich der Ladenräumlichkeiten kommt neu der zweigeschossige Gewölberaum voll zur Geltung.

Der Rennweg lag nicht immer im Zentrum von Zürich, wie er es heute tut. Im 14. Jahrhundert befand sich der Rennweg – oder der Rain, wie er damals auch genannt wurde – am Rande der Stadt. Die Häuser waren über eine Art Terrasse über dem Strassenniveau erschlossen. Von dieser Zeit datiert auch der erste Eintrag der Häuser am Rennweg 14 und 16, die damals separat aufgeführt wurden und später auch verschiedene Besitzer aufwiesen. Die Zweiteiligkeit der Immobilie ist heute noch an den Fassaden ablesbar. An der Vorderfassade gegen den Rennweg hin ist es die Fenstereinteilung, dank der erkennbar ist, dass es sich ursprünglich um zwei Hauseinheiten handelte, und an der Fassade gegen den Lindenhof steht das eine Haus sogar gegenüber dem anderen etwas vor. Im 19. Jahrhundert wurden die zwei Häuser auch im Inneren zusammengelegt. Aus dem Schwarzen Ochsen (Rennweg 14) und dem Roten Stern (Rennweg 16, auch unter dem Namen Schwarzer Stern und Schwarzer Stier eingetragen) wurde eine zusammenhängende Immobilie mit nur einer Gebäude-Versicherungsnummer. Anno 1878 wurde der Rain abgetragen, und so kam der Eingang zu den Gebäuden ein Stockwerk tiefer zu liegen. Aus dieser Zeit datieren auch die Bodenplatte des Erdgeschosses und die heutige Unterkellerung.

«Die Immobilie muss als Lieb­haber­objekt angesehen werden.»

Als die Immobilie an prestigeträchtiger Lage vor zwei Jahren zum Verkauf stand, ­konnte aus dem Netzwerk von Property One eine Investitionsmöglichkeit gefunden werden. «Die Immobilie muss als Lieb­haber­objekt angesehen werden», meinen die Verantwortlichen. Als kulturelles Erbe sieht es die Stadtverwaltung. Die Komplettsanierung wurde denn auch in guter und enger Zusammenarbeit mit den Behörden geplant. Die Baufreigabe wurde aufgrund eines umfassenden Unterschutzstellungs-Vertrags erteilt. Dank Sondierungen wurden die schützenswerten Bauteile eruiert und festgelegt. Sollten bei den konkreten Umbaumassnahmen jedoch noch weitere Schichten zum Vorschein kommen, dann wird von Fall zu Fall entschieden, was damit zu tun ist.

Seit Mitte Januar wird nun am Rennweg gebaut und zunächst Schicht um Schicht der vorhandenen Bausubstanz abgetragen. Oft befindet sich die zu erhaltende Schicht erst an vierter oder fünfter Stelle. Es handelt sich hierbei vor allem um historische Parkettschichten, Täfelungen aus dem 17. Jahrhundert, Stuckatur- und Kassettendecken. Es braucht den Kennerblick, um an der jetzigen Substanz Erhaltenswertes zu entdecken. Auch für die Handwerker vor Ort erschliesst sich die zu schützende Schicht nicht sofort, und daher sind eine hohe Präsenz und eine sorgfältige ­Bauleitung vor Ort unumgänglich.

 

 

Denkmal: Punktuelle Sondierungen förderten vielerorts erhaltenswerte Substanz zutage.

Raumeinteilung: An der Struktur des Gebäudes ist die Zweiteiligkeit der Immobilie ablesbar. Hier ein Wohnraum der schmäleren Hauseinheit.

Dualität: Die unterschiedlichen Wohnqualitäten gegen den Hof oder gegen die Strasse hin orientierter Räume ist bereits im Bestand spürbar.

Hofansicht: Dies ist das aktuelle Bild der Immobilie vom Lindenhof her gesehen. Der schlechte Zustand der Substanz ist deutlich erkennbar.

Bereits seit längerem waren in den unteren Geschossen Geschäftsräume untergebracht, und die oberen Stockwerke waren dem Wohnen vorbehalten. Neu fassen die Projektleiter die unteren zwei Geschosse unter dem Titel Métier und die oberen Geschosse unter dem Titel Privée zusammen. Als Projektleiter zeichnet sich Property One aus. Für die Archi­tektur wurde das bekannte Architekturbüro Ramseier & Associates Ltd. beigezogen, das im Umkreis des Rennwegs über die letzten Jahrzehnte bereits mehrere Immobilien umgebaut hat. Das Projekt sieht vor, die unteren zwei Geschosse inklusive Teile des Kellergeschosses einem exklusiven Retailer zu vermieten, wobei vor allem die hinteren, zweigeschossigen Gewölberäume das Zentrum der Geschäftsräumlichkeiten bilden sollten. Die Eingangsfront wird neu gestaltet, bleibt jedoch als Schaufensterfront gegen den Rennweg hin bestehen. Neu wird jedoch auch der ursprüngliche Lichthof in der Mitte der Anlage wieder freigelegt, der den hinteren Räumen zu Tageslicht verhilft, und ein weiteres, neues Oberlicht im hintern Retail­bereich bringt Licht ins Erdgeschoss.

Die kleinteilige Wohnungseinteilung in den oberen Geschossen weicht einem grosszügigen, für diese Lage einmaligen Grundriss, der pro Etage lediglich eine Wohneinheit vorsieht. Dank der räumlichen Konstellation des Altbaus wird jedoch keine Wohnung der anderen gleichen. Alle Wohnungen profitieren von den unterschiedlichen Raumquali­täten, welche die Zimmer gegenüber dem Rennweg und jene gegenüber dem Lindenhof auf­weisen. Eine der grössten Herausforderungen in der Neukonzeption der Grundrisse war die Positionierung des Aufzugs, ohne die historische Bausubstanz wesentlich zu beeinträchtigen.

 

Mehr zu den konkreten Wohngrund­rissen, einer möglichen Métier-Raumgestaltung und wie der Bauprozess vorankommt, erfahren Sie im kommenden Monat.