Bereits die Namensfindung ihres Studios war für Leonie Häner und Celia Margarita Ibarra ein spielerischer Prozess: Beim Aneinanderreihen ihrer Initialen (CMI und LH) entdeckten sie zufällig das Wort «Milch» – und fanden es perfekt. «Wir mochten den Kontrast: Ein weicher, unkonventioneller Name für unser Innenarchitekturbüro», sagt Ibarra schmunzelnd. Im Mai 2024 haben die beiden den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt, nachdem sie bereits vier Jahre lang nebenberuflich an gemeinsamen Projekten gearbeitet hatten. «Wir hatten plötzlich mehrere Anfragen gleichzeitig und dachten: Jetzt ist der Moment», sagt Häner. Neben ihrer Arbeit für Studio Milch sind sie weiterhin in anderen Bereichen tätig: Häner ist wissenschaftliche Assistentin am Institut für Innenarchitektur an der Hochschule Luzern, Ibarra schreibt als Architektur- und Designredaktorin und unterrichtet Textiles und technisches Gestalten an einer Primarschule.

Die Innenarchitektinnen Leonie Häner und Celia Margarita Ibarra in ihrem Studio im Zürcher Kreis 4.
Innenarchitektur mit Weitblick
Ihre Expertise haben die Innenarchitektinnen unter anderem bei Studio Frey geschärft, wo sie Projekte für John Baker, Bäckerei Jung, Campari Schweiz und die Restaurantgruppen Suan Long und Tiny Fish umgesetzt haben. «Innenarchitektur ist viel mehr als schöne Möbel aussuchen», erklärt Häner. «Wir gestalten nicht nur Atmosphären, sondern auch funktionierende Abläufe – sei es in der Gastronomie oder im Retail.» Planung, Lichtkonzepte, Akustik und Materialität seien dabei essenzielle Bausteine. «Ein Restaurant kann noch so schön sein – wenn die Akustik schlecht ist oder das Layout nicht funktioniert, leidet das gesamte Erlebnis», so Ibarra. Als junge Frauen mussten sie sich in dieser Branche oft beweisen. «Es kommt vor, dass auf der Baustelle zuerst der einzige Mann im Raum angesprochen wird, obwohl wir die Projektleiterinnen sind», berichtet Häner. Doch insbesondere mit Handwerker:innen erlebten sie meist eine sehr positive und respektvolle Zusammenarbeit.
Ganzheitliche Raumkonzepte
Studio Milch arbeitet vielseitig – von Gastronomie und Retail über Büroräume bis hin zu Wohnprojekten. Dabei machen sie alles von Konzeptentwurf über Projektmanagement mit Kosten- und Terminplanung bis hin zur Ausführung als Bauleitung auf der Baustelle. Trotz einer erkennbaren eigenen Handschrift wollen Ibarra und Häner bei ihren Projekten niemandem einen Stil aufdrücken, sondern die Identität des Unternehmens ins Zentrum stellen. «Jedes Projekt beginnt mit einem Konzept, das sich aus der Identität des Unternehmens oder der Persönlichkeit der Bewohner ableitet», erklärt Ibarra. «Wir starten mit Moodboards, um die Richtung zu definieren, dann erstellen wir Layouts, spezifische Möbelvorschläge sowie Vorschläge zur Materialität und tasten uns so zusammen mit der Bauherrschaft an die fertige Gestaltung heran».
Ihre grosse Leidenschaft liegt in den Bereichen Gastronomie, Retail und Hospitality – dort kommt ihre Erfahrung und Expertise besonders zum Ausdruck: «Wir denken Raumgestaltung ganzheitlich. Akustik, Licht, Materialien, Arbeitsabläufe – alles muss stimmen», betonen die beiden. Aber auch ein Yogastudio hat das Duo bereits umgesetzt und aktuell arbeiten sie unter anderem auch an einem Mehrfamilienhaus mit sieben Wohnungen.
Überraschende Farben zeichnen die Arbeit von Studio Milch aus.

Mut zur Farbe
Was Studio Milch auszeichnet, ist ihre Liebe zum Experimentieren mit Farben und Materialien. «Wir arbeiten sehr gerne mit Farben», sagt Häner begeistert. Ihr Stil ist mutig, aber dennoch durchdacht. «Wir wollen etwas Eigenes schaffen, das trotzdem zeitlos funktioniert». Diese mutige Herangehensweise setzt sich bewusst von der oft minimalistischen Trend-Ästhetik ab. «Es braucht ein gewisses Können und Mut, viele Materialien und Farben in ein Konzept zu bringen, ohne dass es überladen wirkt», erklärt Häner weiter. «Wir bringen viel Erfahrung und Gespür dafür mit, wie sich unterschiedliche Elemente zu einem stimmigen Gesamtkonzept fügen lassen.
«Wir gestalten nicht nur Atmosphären, sondern auch funktionierende Abläufe – sei es in der Gastronomie oder im Retail.»
Netzwerk und Austausch
Als Selbständige schätzen sie den Austausch mit anderen Kreativen. «In Basel waren wir bei einem Event vom Verein Female Creatives, erzählt Ibarra. «Das war mega cool!» Schauspielerinnen, Fashiondesignerinnen, Fotografinnen, oder auch eine Schreinerin seien dabei gewesen. Der Fokus lag darauf, ein Netzwerk aufzubauen und sich zu bestärken. «Dieser Zusammenhalt ist unglaublich wertvoll», ergänzt Häner. «Genau deshalb sind wir gerade im engen Austausch mit den Gründerinnen von Female Creatives und wollen ihr Format nach Zürich ausweiten. Wenn man sich in der Kreativ-Branche selbständig mache, sei man auf sich alleine gestellt, das könne auch Unsicherheiten auslösen, sagt Ibarra. «Es tut gut, von anderen in der gleichen Position zu hören, dass sie die gleichen Challenges haben und wie sie damit umgehen – da kann man voneinander extrem viel mitnehmen und lernen.»
Sich wohlfühlen
Innenarchitektur beeinflusst massgeblich, wie Menschen sich in einem Raum fühlen und ihn nutzen, sind sich beide einig. «Auch Gastronomen wissen uns zunehmend zu schätzen, weil ein gut geplantes Restaurant in Erinnerung bleibt», sagt Ibarra. Mit ihrem technischen Know-how, ihrem Gespür für Ästhetik und ihrer Leidenschaft für innovative Gestaltung bringen Leonie Häner und Celia Ibarra frische Perspektiven in die Schweizer Designlandschaft. Studio Milch steht für Räume, in denen Menschen sich wohlfühlen.
Häner und Ibarra sind auch privat eng befreundet: «Wir entwickeln unsere Konzepte oft im Dialog, aus denen dann die besten Ideen entstehen», erklärt Ibarra. «Unsere Konzepte sind wie Puzzle-Teile – wir bringen beide unterschiedliche Ideen ein, die sich am Ende perfekt ergänzen.» Häner nickt und sagt: «Wir müssen nicht tagelang etwas herumdiskutieren. Das ist unsere Stärke – wir ergänzen uns und finden schnell zu kreativen Lösungen.»

Das Zusammenspiel von Möbeln, Farben und Einrichtungsgegenstände ist für die beiden Innenarchitektinnen zentral.

Zwischen Vision und Wirklichkeit
Die Zukunft sehen die beiden klar vor sich: Sie wollen weiterhin vielseitig bleiben, sich aber besonders auf Gastronomie- und Hospitality-Projekte konzentrieren. Auch Umbauprojekte und Set-Design würden sie reizen: «Wir wollen uns nicht limitieren», sagt Ibarra. «Unser Traum wäre es, ein ikonisches Restaurant oder Hotel zu gestalten, das wirklich heraussticht.» Und was sie sich dieses Jahr auch noch vorgenommen haben: Ein eigenes Möbelstück zu kreieren. «Wir haben viele Ideen, aber unser Hauptziel bleibt: Räume zu schaffen, in denen Menschen sich wohlfühlen.» Eine Symbiose, die in Zürichs Gastroszene bereits Früchte trägt.