Sie bringt das bunte südamerikanische Flair zu uns

Interview mit Maria Bezzola-Lorez von Tauta

Porträtbild von Maria Lorez Gründerin von Tauta.

Tauta-Gründerin Maria Bezzola-Lorez...

Detailaufnahme auf Hand mit geflochtener grün-roter Handtasche.

... mit dem beliebten Sabrosura Bag.

Maria tritt mit einem luftigen Hemdkleid und orangen Sandalen aus dem Lift, um den Oberkörper trägt sie eine türkisfarbene Kristallperlen-Tasche verziert mit kleinen Fischen und ihre Ohren schmücken knallrote Ohrclips in Form von Krebsen – beides von ihrem eigenen Label Tauta natürlich. 

Maria ist selbst das beste Testimonial ihres Brands, mit dem sie handgefertigtes Handwerk aus ihrem Geburtsland Kolumbien in die Schweiz bringt. Sie kombiniert die bunten Accessoires in einer ungewohnten Selbstverständlichkeit, dass selbst zurückhaltende Modetypen Neugier und Freude an Farbe bekommen. Mit ihrem fröhlichen Gemüt, ihrem feinen Gespür für Ästhetik und der Intention den Menschen in ihrer Heimat etwas zurückzugeben, verkörpert sie für mich eine smarte Unternehmerin mit Tiefgang und Weitsicht, die den Zeitgeist widerspiegelt. 

Im Interview mit uns spricht sie über die Herausforderungen, ein eigenes Unternehmen in diesen stürmischen Zeiten zu führen, die Zusammenarbeit mit den kolumbianischen Kunsthandwerker:innen und wie sie es schafft, trotz den Unsicherheiten unbeirrt ihren eigenen Weg zu gehen.  

Aufnahme von einer Handwerkskünstlerin vor Palmen in Kolumbien.

Tauta bringt Lifestyle- und Wohn-Accessoires von Kolumbien zu uns.

Maria, du wirkst sehr klar in deinem Tun und scheinst sehr verbunden zu sein mit deinem Bauchgefühl und deiner Intuition. Wie schaffst du das in diesen turbulenten Zeiten?
Maria Bezzola-Lorez: Ganz ehrlich, anfangs der Pandemie war das gar nicht so. Ich war sehr gestresst, was sich vor allem über meine Haut mit Schwellungen im Gesicht zeigte. Da wusste ich, ich muss mal einen Gang zurückschrauben. Wir sind alle im gleichen Boot, wir gehen alle durch dasselbe durch und man kann die äusseren Umstände nicht ändern. Aber ich achte bei allem in meinem Leben auf mein Gefühl und Zeichen, die mir das Universum gibt und ich vertraue darauf, dass alles so kommt, wie es kommen soll. 

Wir haben uns 2017 auf einem Event in Zürich kennengelernt, damals standest du mit Tauta ganz am Anfang. Was hat sich seither getan?
MBL: Privat und beruflich hat sich sehr viel getan. Der grösste und wichtigste Schritt für mich war, dass wir von der Stadt aufs Land gezogen sind. Wir haben zuvor mitten in Zürich bei der Europaallee gewohnt. Ich war direkt am Puls der Zeit, wurde ständig inspiriert aber eben auch überreizt. Mit der Zeit hatte ich immer mehr Mühe herunterzufahren. Jetzt auf dem Land, gibt es nur einen Volg, den Laden der Bäuerin und sonst nichts – und ich liebe es. Ich kann mich viel besser konzentrieren und auf meine Arbeit fokussieren. Bei Tauta hat sich auch einiges verändert, zu Beginn fokussierten wir uns auf Interior, wie es der Name TAUTA Home sagt. Seit 2019 haben wir Accessoires und Schmuck im Sortiment aufgenommen, was für die Marke sehr wichtig war. Und ich durfte erkennen, dass Home und Fashion zwei vollkommen verschiedene Bereiche sind, die man nicht vergleichen kann.

Kannst du das genauer erklären?
MBL: Von meinem Grosi weiss ich, dass beispielsweise früher die Frau allein für die Organisation von Haushaltswaren wie Geschirr oder Servietten verantwortlich war. Heute merke ich, dass Kundinnen den Kauf mit ihren Partner:innen absprechen wollen, was natürlich ein schönes Zeichen für die Gleichberechtigung ist, aber die Bereitschaft für einen Spontankauf ist weniger vorhanden. Für uns ist es deshalb schwieriger ein Geschirr-Set zu verkaufen, als beispielsweise eine Tasche. Bei Fashion ist die Frau selbstständiger, wenn es ums Kaufen geht. Zudem sprechen wir mit Interior-Produkten eine Altersgruppe über 35 Jahren an, mit den Accessoires erreichen wir auch ein jüngeres Publikum, was ich schön finde. 

Frau mit rotem Kleid und handgemachter Glasperlentasche von Tauta.

Die handgefertigten Glasperlen-Taschen gibt es in verschiedenen Ausführungen und ...

Maria Lorez in einem roten Kleid und einer Früchteschale.

... lassen sich im Alltag gut kombinieren.

Was war deine Intention mit Tauta, als du gestartet hast?
MBL: Die Idee, kolumbianisches Handwerk in die Schweiz zu bringen, kam von meiner Mutter. Sie ist Kolumbianerin und kam mit mir vor über 25 Jahren in die Schweiz. Sie fand es immer schade, dass das kolumbianische Kunsthandwerk hier so wenig Beachtung bekommt. Als ich dann mit meinem ersten Sohn schwanger war, kam für mich der ideale Zeitpunkt, das Projekt in Angriff zu nehmen. Vorher war ich einfach eine Weltbürgerin, lebte hier und dort, aber wenn du ein Kind bekommst, fragst du dich andere Fragen wie, was macht mich aus, woher komme ich und was will ich meinem Kind weitergeben. Die Ursprungsidee war, dass wir bestickte Servietten, Tischtücher und Blusen, die aus Cartago, dem Heimatort meiner Mutter, stammen, importieren. Doch wir mussten feststellen, dass die Stoffproduktion durch den Bürgerkrieg eingestellt wurde. Ich reiste dann für vier Wochen durch Kolumbien und lernte neues Handwerk kennen, das mich faszinierte und passend war. So entstand Tauta Home.

Du warst vor ein paar Wochen wieder in Kolumbien, mit welchen neuen Eindrücken bist du zurückgekommen?
MBL: Ich ging mit dem Vorhaben alle fünf Handwerksfamilien zu treffen, mit welchen wir zusammenarbeiten. Leider hatten zwei Familien abgesagt, weil sie nicht für meine Sicherheit sorgen konnten. Es war inmitten der Vorwahlen und die Stimmung war sehr angespannt. Wir waren vierzehn Tage mit einem kleinen Kamerateam vor Ort, er war sehr inspirierend aber auch wahnsinnig chaotisch. 

Kannst du uns mehr über die Zusammenarbeit mit den Handwerksfamilien erzählen?
MBL: Ja, inzwischen arbeiten wir mit fünf Handwerksfamilien in ganz Kolumbien zusammen. Zu Beginn war die Zusammenarbeit eine grosse Herausforderung, denn wir mussten uns erst in diesem gemeinsamen Prozess finden und eine vertrauensvolle Basis aufbauen. Es herrscht viel Armut vor Ort und wir kamen von weit her, sprachen ihre Sprache nicht und ich glaube, sie konnten auch nicht einschätzen, was wir genau wollten. Anfangs gab es viele Leerläufe, was auch frustrierend war, etwa, wenn wir ein Produkt bis ins Detail besprochen haben und am Ende ein ganz anderes Produkt heraus kam. Ich musste erst lernen, wie ich richtig mit ihnen kommuniziere und ihr Vertrauen finde, damit sie mir auch offen sagen, wenn etwas nicht machbar ist. Besonders mit den indigenen Völker war die Kommunikation anfangs schwierig, aber heute haben wir einen wundervollen Austausch auf Augenhöhe. Ich kann mit einer Idee kommen und sie geben mir Feedback, was möglich ist und was nicht.

Die «Las Juanas» sind eine grosse Gemeinschaft von Frauen und arbeiten unter anderem mit Iraca-Palmblättern ...

... damit flechten sie wunderschöne Körbe, Taschen und Hüte für Tauta.

Du arbeitest auch mit einer Frauenorganisation «Las Juanas» zusammen, kannst du uns mehr über sie erzählen?
MBL: Ja, ich bin sehr verliebt in die Arbeit von den «Las Juanas», sie sind eine grosse Gemeinschaft von Frauen. Unter anderem arbeiten sie mit Iraca-Palmblättern und flechten wunderschöne Körbe, Taschen und Hüte für Tauta. Und ich bewundere sie sehr dafür, dass sie als Frauen in einem so komplexen Land ihre Kinder mit ihrem Handwerk ernähren und zur Schule senden können. Ich habe eine grosse Bewunderung und Respekt für sie. Als ich da war, haben sie zum Beispiel gerade eine grosse Anzahl Körben für Marni produziert. Es ist wahnsinnig, wie viele Luxusbrands zurzeit auf dieses Material abfahren. Als ich letztens im Globus war, habe ich ihre Taschen gesehen und ihnen ein Foto davon geschickt. Für sie ist das Ausmass ihrer Arbeit kaum nachvollziehbar, sie kennen diese Luxusbrands nicht. Aber mir ist es wichtig ihnen zu zeigen, welchen Stellenwert ihre Arbeit hat. 

Wie beeinflussen sie dich in deiner Arbeit und deinem Leben?
MBL: Von diesen fünf Communities, mit welchen wir zusammenarbeiten, sind drei von Frauen geführt. Und ich lerne wahnsinnig viel von ihnen, nur schon mit welcher Ruhe und Hingabe sie ihr ihre Arbeit ausführen und wie wichtig es ist, an sein Handwerk zu glauben. Sie sind eine grosse Inspiration für mich und sie tragen eine enorme Weisheit in sich.

Bist du aktiv im Designprozess involviert?
MBL: Ja, gewisse Produkte sind bereits vorhanden und wir wünschen lediglich neue Farbkombinationen oder kleine Veränderungen am Design. Aber etwa 80 Prozent unserer Produkte, werden von meinem Designteam in der Schweiz entworfen und eigens für Tauta in Kolumbien produziert.

Nahaufnahme von einem Handerker am Webtisch.

Mittlerweilen arbeitet Taita mit fünf Handwerksfamilien in ganz Kolumbien zusammen.

Heute führst du ein erfolgreiches Unternehmen, wer war Maria vor Tauta, was hast du gemacht, wovon hast du geträumt?
MBL: Ich war ein bunter Vogel, ich war überall und doch nirgends, mir fehlte oft der Halt und ich wusste lange nicht, in welche Richtung ich gehen soll. Heute kann ich das gut einordnen. Ich denke, das ist bei Kindern, die mit zwei Kulturen aufwachsen oft so, dass sie erst ihren Platz finden müssen. Dabei habe ich vieles ausprobiert, habe mich nach der Sekundarschule zur FAGE (Fachfrau Gesundheit) ausbilden lassen. Ich war aber nie wirklich happy damit und wusste immer, irgendwann will ich etwas Eigenes erschaffen und mit Menschen zusammenarbeiten. Aber bis es so weit war, habe ich fast alles ausprobiert. Ich habe in der Gastro und im Gesundheitswesen gearbeitet, war Promotorin und eine Zeit lang in einer Montessori-Schule tätig. Heute lebe ich meine Traumberufung und gehe auf in dem, was ich mache. Aber im Nachhinein hat es jede Station gebraucht, ich habe überall wundervolle Menschen kennengelernt, die mich heute begleiten und weiterbringen.

Du hast es selbst angesprochen, es gab auf deinem Weg immer Höhen und Tiefen. Was ist die wichtigste Lektion, die du gelernt hast?
MBL: Es ist wichtig ein Ziel zu haben, aber noch wichtiger ist es flexibel zu bleiben. Gerade wenn du mit Handwerker:innen zusammenarbeitest, kommt es nie so, wie du es dir vorstellst. Mich von Enttäuschungen nicht entmutigen zu lassen, sondern den Fokus zu halten, vorwärts zu kommen. Denn ich habe gelernt, auch durch Irrwege können neue Produkte entstehen. Deshalb: Nicht zweifeln, nicht enttäuscht sein, alles hat einen Grund. 

Was ist dein Lieblingsprodukt von Tauta?
MBL: Das neue Tarot-Karten-Set, das wir in Zusammenarbeit mit dem Kreativ-Studio Zambo umgesetzt habe, die auch für unser Rebranding 2019 verantwortlich sind. Die Karten widerspiegeln die spirituelle Seite meiner indigenen Vorfahren. Auch wenn ich mit dem Christentum aufgewachsen bin, war ich durch meine indigenen Vorfahren immer stark spirituell geprägt. Früher ging ich am Sonntagmorgen mit meinem Grossvater in die Kirche und am Nachmittag ging ich mit meiner Mutter zum Kartenlegen. Für mich ist es selbstverständlich, beides zu verbinden. Für das Tarot-Set haben wir acht kolumbianische Illustratorinnen angefragt, die Sujets dazu beigetragen haben. Sie haben sich von der kolumbianischen Tradition und Kultur inspirieren lassen und das Tarot-Set modern interpretiert.

Wie nutzt du die Karten?
MBL: Ich träume intensiv und meine Träume beeinflussen, wie ich mich in bestimmten Situationen entscheide. Die Karten unterstützen dabei mein Bauchgefühl. 

Eine Männerhand mit Tattoos und dem ausgefächerten Tarot-Karten-Set von Tauta.

Das Tarot-Karten-Set ist das neuste Produkt von Tauta.

An welche Person denkst du, wenn du die Produkte für Tauta kreierst und produzierst?
MBL: Am Anfang waren nur Frauen in meinem Kopf, das hat sich aber gewandelt. Heute kaufen auch Männer meine Glasperlentaschen und ich finde das sehr cool. Tauta-Frauen und Tauta-Männer sind weltoffen, mutig, sie mögen Farben und neue Materialien. Es sind Menschen, die etwas auf der Welt verändern möchten. Und das tun sie, denn mit jedem Kauf unterstützen sie eine der fünf Handwerkerfamilien in Kolumbien. 

Tauta ist bunt, verspielt und bringt die Sonne nach Hause. Fehlt dir diese Leichtigkeit und Euphorie hier in der Schweiz manchmal?
MBL: Ja, ich schätze, einerseits, dass meine Kinder hier zu Fuss in die Schule gehen können und die Schweiz so gut funktioniert, weil es viele Regeln und einen kulturellen Anstand gibt. Aber ich finde wir sind in der Schweiz auch überbehütet. In Kolumbien schlägt dir das Leben mit voller Wucht ins Gesicht, das kann weh tun, aber es lässt dich auch schneller wachsen, reifen und lernen. Kolumbien ist ein komplexes Land, vieles können wir hier nicht nachvollziehen. Aber das Land hat ein offenes Herz und man fühlt so richtig das Leben. Hier hat man viel mehr Vorurteile und in Kolumbien redet man einfach mit jedem auf der Strasse ohne Hintergedanken und man erfährt so viel über die Menschen, das vermisse ich. In Kolumbien nennt dich jeder beim Kosenamen «Mi Amor», das ist nicht behaftet oder übergriffig. Es zeigt die Herzlichkeit der Menschen und ich glaube ein Land, das so viel Konflikte und Gewalt kennt, kann nur bestehen, weil das Volk so warmherzig ist.

Frau von hinten mit grünem Strohhut vor wunderschöner Meerkuslisse.

Die Sommerhüte werden ebenfalls in Kolumbien von Hand geflochten.

Welches Gefühl verbindest du mit Kolumbien?
MBL: Obwohl ich mich als Schweizerin sehe und mich hier verwurzelt fühle, ist Kolumbien meine Heimat. Je älter ich werde, sehe ich aber auch, mit wie viel Leid und Schmerz meine Heimat verbunden ist. Wenn ich in Kolumbien lande, kommt ein Gefühl von «ich bin Zuhause» hoch. Aber die Armut erschlägt mich jedes Mal von neuem und so sind meine Reisen auch immer mit einem schlechten Gewissen verbunden. Hier leben wir in einer Bubble, die richtige Welt holt mich dort aber jedes Mal wieder ein.

Was inspiriert dich?
MBL: Die Flora und Fauna in Kolumbien, andere Kulturen wie in Afrika oder die slawischen Länder aber auch Tiere. Die meisten neuen Ideen habe ich allerdings beim Kochen, da kann ich vollkommen abschalten.

Du verbindest so wundervoll das Traditionelle mit dem Modernen. Widerspiegelt das den Zeitgeist?
MBL: Ja, das denke ich. Wir leben in so komplexen Zeiten, durch die Digitalisierung erfahren wir zu jeder Zeit, was auf der Welt passiert. Wir sind konstant mit schlechten Nachrichten überflutet. Diese Zeit macht etwas mit uns und ich denke, wir sehnen uns wieder mehr nach dem Authentischen, Verbindung und unseren Wurzeln.

www.tauta-home.com