Das Konzept der Kreislaufwirtschaft ist nicht neu, bereits seit Mitte der 1980er-Jahre verfolgt die Schweiz Ansätze in diese Richtung, jedoch ging die Entwicklung bisher nur in kleinen Schritten voran. Anschub erhält das Thema jüngst durch neue Organisationen sowie Unternehmen und deren Projekte. Zu nennen wären da z.B. ecos, YODEL, das Swiss Economic Forum, PUSCH, Impact Hub, Circular Hub und sanu durabilitas, die sich Anfang 2019 unter dem Namen «Circular Economy Switzerland» zu einem Netzwerk zusammengeschlossen haben, das als Koordinations- und Austauschplattform fungiert und zentrale Akteure vernetzen möchte. Unterstützt werden sie dabei von der MAVA Foundation und dem Förderfonds Engagement Migros.
Kreislaufwirtschaft ist der Gegenentwurf zur ressourcenfressenden Linearwirtschaft. Letztere entspricht dem «take, make, waste» Modell, das mit der Industrialisierung aufkam und auf der Annahme unendlich verfügbarer Ressourcen beruht. Das Konzept der Kreislaufwirtschaft nimmt sich dagegen den biologischen Kreislauf der Natur zum Vorbild. Rohstoffe sollen in möglichst geschlossenen Kreisläufen so effizient und lange wie möglich genutzt und damit die Abfallproduktion und der Ressourcenverbrauch auf ein Minimum reduziert werden. Produkte werden geteilt, repariert und aufbereitet oder in neuer Form wiederverwendet. Kreislaufwirtschaft bedeutet damit mehr als nur Recycling, es ist eine neue Art zu Wirtschaften und erfordert ein Umdenken der beteiligten Akteure.
Beispiele, wie dies in die Praxis umgesetzt werden kann, wurden im Sommer 2019 auf der erstmals durchgeführten Konferenz «CE2 – Circular Economy Entrepreneurs» präsentiert, die speziell auf Schweizer KMU ausgerichtet ist. Veranstalter war die Plattform CE², die ebenfalls Teil von «Circular Economy Switzerland» ist. Auch die Möbelbranche war dort vertreten: Michael Girsberger, CEO der Girsberger Holding AG und Matthias Baumann, damaliger CEO der Möbel Pfister AG sprachen zum Thema Herausforderungen und Chancen der Kreislaufwirtschaft.
Der Büromöbelhersteller Girsberger bietet zum Beispiel einen speziellen «Remanufacturing» Service an, mit dem gebrauchte Stühle saniert und damit einer zweiter Nutzungsdauer zugeführt werden. Einsatz findet dies nicht nur bei den eigenen Produkten, sondern auch bei denkmalpflegerischen Projekten, wie beispielsweise der Sanierung der Bestuhlung des KKL Luzern. Des Weiteren setzte das Unternehmen auf die Verwendung sortenreiner Materialien, die am Ende des Produktlebenszyklus wieder rezykliert und weiterverwertet werden können, erklärt Girsberger. Um die Kreislaufwirtschaft in der Schweiz zu etablieren, brauche es aber nicht nur die Massnahmen der Unternehmen, sondern auch eine lenkende Gesetzgebung durch die Politik sowie Aufklärung durch verbraucherorientierte Verbände und Organisatoren.
Matthias Baumann nannte die Abfallverursachung als grosse Herausforderung. Möbel Pfister bietet daher ein Cradle-toCradle® zertifiziertes Sortiment an, das die Rücknahme und Wiedereinführung in den Kreislauf durch Verwendung von Einzelteilen oder Kompostierung beinhaltet. Damit sich diese Prinzipien künftig als Standard durchsetzen, bedürfe es der Herstellung von mehr Produkten nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft, um den Druck auf Politik und Wirtschaft zu erhöhen, sagte Baumann.
Eine weitere Option zum kreislauffähigen Handeln bieten neben Aufbereitung und Wiederverwertung auch Mietmodelle. Auf der Plattform «Make Furniture Circular», die zu Organisation PUSCH gehört und sich speziell an die Möbelbranche richtet, wird zum Beispiel eine Mietmatratze für Hotels gezeigt. In der Schweiz landen jährlich 500.000 bis 1 Million Matratzen auf dem Müll. Der Schweizer Bettenhersteller Elite bietet daher Matratzen zur Miete an. Der Preis errechnet sich aus Grösse und Qualität der Matratze und der Mietdauer. Die Abnutzung wird über erfasste Nutzerdaten gemessen und Matratzen so gezielt ausgetauscht. Unnötiger Matratzenmüll soll damit vermieden werden.
Der Wandel von der Wegwerfgesellschaft hin zur Kreislaufwirtschaft bedeutet ein Umdenken in der Wirtschaft und stellt hohe Anforderungen an die Qualität der Produkte sowie deren Nutzungsdauer. Für ein rohstoffarmes Land wie die Schweiz, dessen Produktionskosten hoch sind, das aber auch für ebenso hohe Qualitätsansprüche steht, kann dies grosse Vorteile bieten.
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