Design made in Switzerland gilt als innovativ, präzise und funktional. Geprägt wurde dieses Bild von bekannten Architekten und Designern wie Max Bill, Le Corbusier, Haefeli Moser Steiger oder Willy Guhl. Deren Möbelentwürfe schufen die Grundlage für unser Verständnis von gutem Schweizer Design, dessen Anfänge bis ins 19. Jahrhundert zurück reichen und das in den 1930ern sowie 1950ern seine Blütezeit erlangte.
Wodurch sich Schweizer Design heute auszeichnet, ist schwer zu sagen, arbeiten viele mittlerweile nicht in einer multinationalen Designszene? Globalisierung und Digitalisierung haben in den letzten Jahren eine neue Generation von Schweizer Designerinnen und Designern hervorgebracht, die zum einen international vernetzt agiert, zum anderen auch das Lokale schätzt und auf Nachhaltigkeit bedacht ist. Ihre Entwürfe sind Zeugnis einer neuen kreativen Freiheit und experimentieren lustvoll mit Farbe, Material und Form. Zugleich zeigt sich, dass hier kein Bruch mit den Gestaltungsansätzen der Moderne stattfindet. Die alten Werte wie Funktion, Innovation und Qualität der Herstellung besitzen noch immer ihre Relevanz.
Einen wichtigen Beitrag zur Erweiterung des Schweizer Designbegriffs leisten die Hochschulen, allen voran die international renommierte Ecole Cantonale d’Art (Ecal) in Renens. Was dort entsteht findet Beachtung über die Landesgrenzen hinaus. Zu den erfolgreichen Absolventen der letzten Jahre zählen u. a. Adrien Rovero, Michel Charlot, Julie Richoz oder Dimitri Bähler sowie die Designer des 2004 gegründeten Büros BIG-GAME Elric Petit, Grégoire Jeanmonod und Augustin Scott de Martinville. Der Blick in ihr Portfolio zeigt ein breites Spektrum, das von Stühlen und Tischen über Uhren bis hin zu Türgriffen reicht. Ihr Tätigkeitsfeld umfasst dabei nicht nur den Entwurf von Produkten, auch sind sie als Dozenten, Szenografen, Innenarchitekten und Berater tätig.
Auf dem hart umkämpften Markt kann diese Vielseitigkeit bei der Etablierung der eigenen Marke helfen. Denn Designstudiengänge werden immer beliebter und damit steigt die Zahl der Absolventen. Allein die Abschlüsse an den Schweizer Design- und Kunsthochschulen haben sich in den letzten 15 Jahren mehr als verdreifacht. Designschaffende, die Fuss in der Branche fassen möchten, sehen sich zudem der Herausforderung gegenübergestellt, dass der Detailhandel häufig wenig experimentierfreudig ist. Zugleich haben sich nur wenige Designgalerien auf zeitgenössische Entwürfe fokussiert. Doch zum Glück gibt es ein paar Ausnahmen.
Eine Marke, die bereits seit 10 Jahren Junges Schweizer Design fördert, ist Atelier Pfister. Creative Director Alfredo Häberli verpflichtet für die Kollektionen neben inzwischen etablierten Namen wie Jörg Boner, Frédéric Dedelley oder Atelier Oï auch junge Talente und bietet diesen damit ein wichtiges Sprungbrett. Denn oft erhalten sie damit zum ersten Mal die Möglichkeit ihre Entwürfe in grosser Produktion herstellen zu lassen. So entwarf der Bieler Jungdesigner Dimitri Bähler für die aktuelle Kollektion den Tisch «Malleray», der aus heimischem Holz gefertigt wird und elegant Kreis und Rechteck zu einer neuen Form verbindet.
Weniger bekannt, doch gleichermassen interessant sind das Label OKRO und die dazugehörige Galerie O in Chur. Initiiert wurde beides von Architekt Heinz Caflisch. Das Label besteht seit 2013, vier Jahre später kam eine Galerie dazu. Zusammen bietet Caflisch damit jungem Schweizer Design und Handwerk eine wichtige Plattform. Erst kürzlich stellten dort z. B. der junge Zürcher Gestalter Sebastian Marbacher und die Textildesignerin Mara Tschudi (Studio Surface Service) ihr erstes Kooperationsprojekt, die vierteilige Möbelkollektion Extra-Ordinary aus. Darin vereinen sie ihre beiden Handschriften zu in Handarbeit hergestellten Einzelstücken, die durch ungewöhnliche Formen und collagenartige, bunte Oberflächen ins Auge stechen. In seinen wechselnden Ausstellungen bringt OKRO etablierte Designerinnen und aufstrebende Talente wie u. a. Marie Schumann, lsabell Gatzen oder das Basler Duo Dominic Plueer und Olivier Smitt zusammen, um nur einige zu nennen.
Die Schweizer Designszene hat viel zu bieten und bringt frischen Wind in die Branche. Zugleich führen sie das Erbe der Moderne mit innovativen Ideen und hohem Qualitätsanspruch weiter. Bleibt zu hoffen, dass das wachsende Interesse für den Studiengang und das Metier auch auf Seiten von Industrie, Handel und Käuferschaft die Affinität für junges Design wachsen lässt.
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