Decodierung des Designs

Interview mit Ronan Bouroullec

Eines der erfolgreichsten Trios der Designgeschichte. Erwan Bouroullec, Patricia Urquiola, Ronan Bouroullec (von links nach rechts)

Wir treffen die zwei Shooting-Stars der aktuellen Designwelt bei Cassina, wo sie zusammen mit Patricia Urquiola, welche die Art-Direktion von Cassina verantwortet, die neuen Mitglieder der Sofa-Familie «Cottone» vorstellen. Die Familie Cotone wird durch ein neues, einladendes Sofa erweitert, das durch die gleiche spezielle Struktur aus Aluminiumextrusion gekennzeichnet ist. In vier Farben erhältlich: Graublau, Rot, Champagner und Graphit. Die durch ihr minimalistisches Aussehen einfach anmutende Struktur verbirgt hingegen eine in industrieller Hinsicht komplexe interne Zusammensetzung. Die weiche Polsterung der Kissen schafft im Gegensatz dazu ein einladendes Nest, das zum Entspannen einlädt. Die freie Kombination zwischen den Farben der Struktur und die umfangreiche Auswahl an Bezügen aus Leder oder Stoff gestattet die Gestaltung eines zeitgemässen Sofas, das jedem Geschmack gerecht wird. 

Cottone High Sofa für Cassina.

Sofa «Cottone» für Cassina.

Sessel «Cottone» in rotem Samt.

Die Beistelltische der Cottone-Serie.

Gibt es auch in Marmor.

Diese Flexibilität und das Spiel mit Formen und Farben sind ein typisches Beispiel für die Arbeit der Brüder Bouroullec. Im Interview verrät uns Ronan Bouroullec wie sie arbeiten und vorauf es im Design ankommt.

 

Ihr gehört zu den ganz Grossen im aktuellen Designzirkus. Wie habt ihr das erreicht?

Ronan Bouroullec: Ich glaube, es ist unsere Neugierde und unsere Leidenschaft, die das Salz in der Suppe ausmachen. Die grosse Leidenschaft setzt viel Energie frei, aber wir leiden auch, wenn ein Projekt nicht so gut läuft oder nicht so umgesetzt werden kann, wie wir uns das vorstellen.

 

Wie geht so ein Designprozess vor sich?

RB:Wir versuchen, ein Projekt oder ein Objekt von Grund auf zu verstehen. Darum ist es wichtig, dass wir den Herstellungsprozess selbst erleben dürfen und auch mal Messer oder Nadel in die Hand nehmen, um den Entstehungsprozess nachvollziehen zu können. Fehler zu machen gehört dabei zum Konzept, denn nur diese bringen uns weiter.

 

Learning by doing sozusagen?

RB:Wir sind nicht Ingenieure und natürlich gibt es manchmal technische Fragen bezüglich Material und Verarbeitung, deren Lösungen wir dem Profi überlassen dürfen. Für uns ist es aber wichtig zu wissen, dass jeder Design-Beitrag auch ein Kultur-Beitrag ist und sozusagen in unser kollektives Gedächtnis integriert wird.

 

Wie arbeitet ihr konkret zusammen?

RB:Zu Beginn machten wir alles gemeinsam, bis wir realisierten, dass es oft nicht nötig ist, zu zweit an einem Projekt zu arbeiten, weil wir uns einfach gut verstehen, daher ist einer nun meist Hauptverantwortlicher für ein Projekt und der andere spielt den Juror und schaut mit distanziertem Blick auf die Gestaltung. Manchmal ist es auch nötig, die Idee zu einem gewissen Zeitpunkt zurechtzustutzen wie man im Frühjahr einen Baum schneidet, damit er wieder austreiben kann.

 

Hilft Euch der Starstatus bei Eurer Arbeit?

Ja und nein. Einerseits stehen wir im Zentrum des öffentlichen Interesses, was oft auch unangenehm und stressig ist. Andererseits könnten wir wohl alles designen, was wir wollten. Dennoch wollen wir unser Büro nicht vergrössern, denn das unmittelbare Miterleben des Designprozesses wollen wir für uns unbedingt beibehalten.

 

Welche Rolle spielt das Design in unserer Gesellschaft?

Design ist ein wichtiger Spiegel unserer Gesellschaft. Schauen Sie zum Beispiel, wie sich unsere Arbeitswelt verändert hat. Früher ging es vor allem darum, ergonomisch sinnvolle, auf die Einzelperson zugeschnittene Arbeitsplatzlösungen zu gestalten. Heute ist Ergonomie wohl nach wie vor wichtig, aber der Arbeitsplatz ist viel flexibler geworden. Eigentlich würde es genügen, einen grossen Tisch in den Raum zu stellen und zu beobachten was damit geschieht. Wir Designer müssen den Menschen nicht immer alles vorschreiben, oder vorgeben, wie sie die Objekte oder Räume nutzen müssen. Wir plädieren für eine Decodierung des Designs. Nutzungsneutralität ist das Gebot der Stunde.

 

 

 

 

 

Die Nutzungsneutralität sieht man auch gut an den neuen Objekten der Brüder Bouroullec für Vitra.