Die Trends von morgen

Trendseminar mit Li Edelkoort

Li Edelkoort, eine der bekanntesten und be­deutendsten Trendforscherinnen der Welt, kommt am 5. November 2018 nach Zürich.

Wieso tragen alle Schaufensterpuppen dieselben Farbkombinationen und wir dieselben Sneakers? Trends sind ein merkwürdiges Phänomen, das wir oft nicht richtig greifen können. Woher kommen sie so urplötzlich, wann haben sie ihren Peak erreicht und ist ihre Entwicklung eigentlich vorhersehbar? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die bekannte niederländische Trendforscherin Li Edelkoort seit mehr als 35 Jahren. Nach ihrem Anti-Fashion Manifesto anfang 2017 wurde die gesamte Modebranche durchgeschüttelt. Ein Zufall? Wohl kaum, wie Joan Billing von Trendinformation Studio erklärt. Trends lassen sich nämlich bereits Jahre voraussehen.

 

Am 5. November findet wieder eines der beliebten Trendseminare von Li Edelkoort in Zürich statt. Wir haben bei Joan Billing nachgefragt, was die Besucher erwarten können und welche Trends für 2020 ablesbar sind.

 

Ein Trendseminar – das hört sich sehr abstrakt an, an wen richtet sich der Event und was können die Besucher erwarten?
Joan Billing: Das Trendseminar ist ein wichtiges Arbeits- und Inspirationswerkzeug für Fachleute aus den Bereichen Design, Interior, Lifestyle, Fashion, Architektur, Marketing, Textilien, Farben und Materialen. Im Grunde ist es für Produzenten, welche Informationen für die Zukunftsentwicklung für ihre Firma brauchen, um Innovationen oder neue Produkte entwickeln zu können. In der Präsentation werden viele Bilder gezeigt und mit Fakten von Li Edelkoort untermauert und in den grossen Kontext gesetzt. Das Seminar ist wahnsinnig inspirierend und sehr bereichernd, gerade wenn man gestalterisch arbeitet. Zudem kann man sich mit anderen Teilnehmern austauschen und sein Netzwerk pflegen und  erweitern.

Wie weit voraus reicht der Blick in Bezug auf Trends?
JB: Trends sind meist im Ansatz bereits vorhanden. Sie sind aber nicht für alle gleich sichtbar, doch kann man sie aufschlüsseln und erkennen, wenn man sich intensiv damit auseinandersetzt. Wir sind mit unserer Arbeit in vielen Bereichen tätig und sehen, was in den einzelnen Branchen läuft und welche Trends in einen verwandten Bereich überschwappen. So kann man auch erkennen, wann ein Trend seinen Peak erreicht hat oder wo er bereits wieder abflacht. Trends werden nicht gemacht, es sind immer Bedürfnisse, die in einer Gesellschaft vorhanden sind.

Kann man denn sagen, dass ein Trend immer von der gleichen Branche entsteht und von dort in eine andere überschwappt?
JB: Nein, jede Branche beeinflusst die anderen. Es gibt kein Rezept, man muss die Entwicklung beobachten und erforschen, denn diese verändern sich mit Innovationen und Gesellschaftsentwicklungen. Eine neue Generation hat ganz andere Bedürfnisse als die Generation davor. Farbtrends sieht man etwa 3-4 Jahre voraus und wenn es Innovationen oder Gesellschaftsveränderungen sind, dann sind es 10-20 Jahre. Wir bewegen uns nicht in Produktetrends, die kurzfristig sind. Trends kommen langsam, über Jahre hinweg, auch wenn es sich für den Endkonsumenten anfühlt, als seien sie urplötzlich da. Hinter der Kulisse eines Trends steht eine lange Entwicklung.

Ein Fokusthema sind Farben, die vor allem im Interiorbereich ein Comeback erhalten sollen – sind wir da nicht bereits angekommen?
JB: Für manche bestimmt, aber bei den Architekten ist der Farbtrend noch nicht wirklich angekommen. Bei Innenarchitekten und Dekorateuren hingegen ist er bereits sichtbar und bei der jungen Generation ebenfalls, die haben nach all den Grau-, Braun- und Naturtönen das Bedürfnis nach Farbe.

Ist die Generation «Z» mutiger?
JB: Die neue Generation muss sich von der vorherigen abheben. Das ist überall so. Ein Beispiel sind etwa Männer mit Bärten. Heute kann ein CEO problemlos einen Dreitagebart tragen, das war vor 9 Jahren, als wir den Trend kommen sahen, noch nicht vorstellbar. Daraus ist eine ganze Industrie entstanden. Kunden von uns haben am Anfang gefragt: «Was haben Bärte mit uns zu tun?» – aber am Schluss betrifft es alle Bereiche. Erst kommen die Models mit Bärten für Kataloge und Werbung, für den Detailhandel müssen neue Produkte entwickelt werden und schliesslich folgen Barber-Shops in Kaufhäusern usw. 

Ihr seht als Gegentrend zu bunten Farben im Interior, gedeckte Farben in der Mode?
JB: Ja, in der Mode war es relativ lange bunt, aber wenn man sich heute in der Masse umschaut, dominieren Schwarz-Grau-Töne. Aber das ändert sich jetzt bereits wieder und geht mehr in Naturtöne und monochrome Farben über.. Dies ist aber auch immer länderabhängig, es gibt nicht die Trendfarbe oder das Trendmaterial, auch wenn einem das immer wieder suggeriert und es auch so präsentiert wird. Jede Industrie hat andere Bedürfnisse und andere Farben, natürlich gibt es auch Überschneidungen. Wenn das einmal vorkommt, lässt sich dieser Trend bereits seit 10 Jahren ablesen und ist somit fast wieder ein Klassiker.

Folklore steht im Zentrum im Modebereich – sucht die Generation «Z» nach einem verlorenen Zugehörigkeitsgefühl?
JB: Ja, die neue Generation ist nicht mehr in den Traditionen verhaftet und hat zum Teil auch nicht das Wissen über ihr kulturelles Erbe. Wenn man alles digital erlebt, ist auch alles flüchtig und virtuell. Da sucht man als Kontrast etwas, dass bereits seit langem Bestand hat oder was auch in Zukunft Bestand haben wird. Das hat natürlich auch mit den ganzen Urbannomaden und den Flüchtlingsströmen zu tun. Wir kommen heute mit viel mehr Traditionen in Kontakt als früher. Die neue Generation hat Bekanntschaften und Freundschaften auf der ganzen Welt, nicht nur an dem Ort, wo sie leben und sich bewegen. Das ist eine Gesellschaftsentwicklung, die erst durch die Digitalisierung möglich wurde.

Im Kontrast dazu steht der Streetwear-Trend, der bereits seit den 60er-Jahren vorhanden ist, wieso hält sich dieser so lange?
JB: Im Streetwear-Trend geht es vor allem um Statement-T-Shirts. In den 60er-Jahren waren sie ein günstiges Mittel, um einen Protest zu markieren. Pop-Art und Peace-Zeichen sind heute Klassiker geworden und Basis für Kommunikation und politischer Ausdruck. Das ist heute bei den Jungen wie auch bei Luxusmarken wieder wichtig, um ein Statement zu platzieren. Damit sind sie laut und bunt auf der Strasse in analogen Welten.

Kann man noch von einem Trend reden, wenn er über Jahrzehnte läuft?
JB: Trends können bis 25 Jahre oder gar länger bestehen. Trend ist manchmal auch der falsche Ausdruck. Es gibt kurzfristige und langfristige Trends. Wir bewegen uns mehr im Bereich der Gesellschaftsentwicklung, und die ist nie ein kurzfristiges Phänomen.

 

Seminar: Trends 2020 Lifestyle, Fashion & Colors
Trends: «Folklore of Fashion», «House of Colour», «Die Entstehung der Farbe» 2020
Datum: Montag, 5. November 2018
Ort: im Herzen von Zürich
Zeit: 12:30 bis 17 Uhr
Anmeldung: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! / +41 (0)56 222 66 22

Weiter Infos unter: edelkoort.ch