New York City – Grossstadtdschungel, Stadt der Träume und mein neues Zuhause. Was ich hier erlebe, sehe und entdecke, lasse ich Sie jeweils in dieser Kolumne wissen ...
Läuft man heute durch Soho, scheint es verwunderlich, dass dies vor gut vierzig Jahren das aufregendste Kunstviertel New Yorks gewesen sein soll. Wo sich damals aufstrebende und bekannte Künstler:innen mit Galerist:innen und Sammler:innen getroffen haben, reihen sich nun Louis Vuitton, Prada und Stella McCartney aneinander.
Kein Wunder – allein die mächtigsten Unternehmen können sich heute die überteuerten Mietpreise leisten. Eines der Gebäude scheint jedoch in der Zeit stehen geblieben zu sein: die 101 Spring Street.
Donald Judd und der Glanz der 1970er Jahre
Das fünfstöckige Haus aus Eisenkonstruktion, welches zuvor – wie sämtliche Gebäude in SoHo – von der Industrie genutzt wurde, zeichnet sich durch hohe Decken und eine zweiseitige Fensterfront aus. Als nach dem zweiten Weltkrieg neue Hafenanlagen errichtet und Fabriken in Brooklyn und in Queens entstanden, verliessen viele Händler und Gewerbetreibende SoHo. Die grossflächigen Stockwerke schienen dabei wie gemacht für KünstlerInnen, die nach Raum und Helligkeit strebten – darunter auch Donald Judd.
1968 erwarb der US-amerikanischer Minimalismus-Künstler und Architekt das Gebäude an der Ecke Spring Street und Mercer Street und nutzte es bis Mitte der 1970er Jahre als Wohnsitz und Atelier. Jedem Stockwerk schrieb er dabei eine klare Funktion zu: essen, arbeiten, unterhalten, schlafen. Zur grösstenteils von Judd selbst entworfenen Möblierung gesellen sich Kunstwerke sowohl von Judd selbst, sowie von befreundeten Künstlern.
2013, neunzehn Jahre nach Judds Tod, schloss die Judd Foundation die historische Aufarbeitung des Gebäudes ab und öffnete es erstmals für die Öffentlichkeit. Alles ist dabei noch genau so, wie es Judd entworfen und eingerichtet hat.
Als ich mich bei meiner geführten Tour durch die beeindruckenden Räumlichkeiten bewege, fühle ich mich nicht nur in der Zeit zurückversetzt, sondern spüre auch den künstlerischen Geist Judds, der heute nach wie vor im Gebäude lebt.