Mit Basalto Collective schafft die Designerin und Kuratorin Paulina Reséndiz eine Brücke zwischen zwei Welten: dem zeitgenössischen Design Mexikos und einem europäischen Publikum, das nach Authentizität, Materialität und Beständigkeit sucht.
Ihre Plattform ist mehr als eine Galerie. Sie ist ein Raum für Geschichten von Handwerksfamilien, die über Generationen ihr Wissen weitergeben, von Designer:innen, die Tradition in die Gegenwart übersetzen, und von Stücken, die eine stille Rebellion in sich tragen.
In einer Zeit, in der vieles im Design industriell und in grossen Mengen hergestellt wird, stellt Basalto Collective die Frage, wie wir heute gestalten wollen. Die Antwort liegt im kreativen Dialog zwischen Menschen und Materialien, zwischen kulturellem Erbe und zeitgenössischer Formensprache – und in ihren jüngsten Ausstellungen auch zwischen Mexiko und der Schweiz.
Ein Gespräch mit Paulina Reséndiz über bewahrte Handwerkstradition, neue Wege der Kollaboration und darüber, warum manche Objekte erst dann verständlich werden, wenn man ihre Geschichte kennt.
Was ist die Geschichte hinter Basalto Collective?
Paulina Reséndiz: Die Idee begleitete mich schon seit meinem Designstudium. Damals entwickelte ich ein Projekt zu Fondue-Töpfen gemeinsam mit Handwerksfamilien in Mexiko. Ich wollte Design und kulturelle Tradition verbinden – Schweiz und Mexiko zusammenbringen. Nach meiner Ausbildung arbeitete ich in Mexiko in einem Studio. Dort sah ich, wie Designer mit Handwerkern einzigartige Stücke entwickelten mit Geschichten, Materialien und Seele. Als ich später in die Schweiz zog, merkte ich, wie wenig hier über zeitgenössisches mexikanisches Design bekannt war. 2023 entschied ich, dass ich das verändern möchte. Ich gründete Basalto Collective, um Designer:innen sichtbar zu machen, die eng mit traditionellen Handwerkerfamilien arbeiten. Ende 2023 ging die Website online, und 2024 folgte die erste Ausstellung in Zürich.
Was ist deine Intention mit dieser Plattform?
PR: Mexiko hat eine unglaublich starke Handwerkskultur, doch lange hatte Handarbeit nicht den Wert, den sie verdient. Das ändert sich erst seit etwa zehn Jahren. Designer arbeiten heute eng mit Handwerksfamilien zusammen, um deren Wissen zu bewahren und zugleich zeitgenössisch weiterzuentwickeln. Viele dieser Beziehungen bestehen seit Jahrzehnten, sie sind fast familiär geworden. Für mich ist es deshalb essenziell, diese Stimmen und Geschichten zu verstärken, anstatt selbst zu gestalten.
Was macht in deinen Augen mexikanisches Design heute so besonders?
PR: Mexiko wurde spät industrialisiert, viele Werkstätten bestehen seit Generationen und arbeiten nach wie vor handwerklich. Lange wurden europäische oder US-Produkte als hochwertiger angesehen. Heute erkennt man zunehmend, wie aussergewöhnlich die Qualität in Mexiko ist. Das Besondere daran ist, die enge Zusammenarbeit zwischen Designer:innen und Werkstätten, die natürlichen und regionalen Materialien, sowie die langsamen Fertigungsprozesse anstatt Massenproduktionen. Ein Objekt entsteht nicht anonym, sondern in einer Beziehung und das spürt man.

Handwerklicher Prozess im Atelier von Comité de Proyectos wo das cabinet «Carmen» entsteht.
Wo siehst du Parallelen zur Schweiz?
PR: Sowohl in Mexiko als auch in der Schweiz sehe ich ein bewusstes «Verlangsamen» im Design. Es geht weniger um Massenproduktion, sondern um Stücke mit Intention: lokale Werkstoffe, kleine Produktionsmengen, klare Ästhetik. Während Schweizer Design oft für Perfektion und industrielle Präzision steht, öffnen sich viele junge Designer:innen dem Handwerk und experimentieren mit Materialität und Prozessen.
Du hast bereits zweimal während der Zurich Design Weeks ausgestellt. Was war dir dabei wichtig?
PR: Ich wollte nicht einfach mexikanisches Design ausstellen, sondern einen Dialog schaffen. Für die Ausstellung Echoes 2024 zeigte ich sowohl mexikanische als auch Schweizer Designer:innen mit der Frage: Was bedeutet Handwerk heute – hier und dort? 2025 folgte Extended Matter, eine Kollaboration mit der Galerie Anthracite Art & Design und dem Architekten Gregory Tsantilas, der parallel sein Magazin «Distigmo» launchte. Dieses Zusammenspiel aus Objekten, Architektur und Diskurs hat die Ausstellung besonders gemacht.
Du arbeitest mit auserwählten Designer:innen zusammen, kannst du mehr darüber erzählen?
PR: Ein Beispiel ist Comité de Proyectos. Ihr Schrank «Carmen» erzählt von weiblicher Stärke und Solidarität – inspiriert von Frauen in Mexiko, die mit Gewalt konfrontiert sind. Er ist aus Holz gefertigt, mit Stahlgriffen und agavebasierten Fasern also Materialität als Statement. Auch Siete Studio beeindruckt mich sehr. Sie arbeiten mit Metall und neuen Materialien, schaffen reduzierte, zeitgenössische Formen – und doch sind ihre Stücke handwerklich entstanden. Man erkennt das erst, wenn man ihre Geschichte kennt.

Bar Cabinet «Carmen» von Comité de Proyectos – ein von mexikanischer Handwerkskunst getragenes Statement, das weibliche Stärke in Materialität übersetzt.

«Carmen» ist gefertigt aus Holz, Metall und Agavenfasern.

«Fragua Chair» von Siete Studio: eine Begegnung aus Metall, Struktur und ruhiger Präsenz.

Ein Stück zeitgenössisches Design mit sensibler Materialsprache.
Wie viele Designer:innen repräsentierst du aktuell?
PR: Zurzeit arbeite ich mit etwa zehn mexikanischen Designer:innen. Für Ausstellungen kommen Schweizer Designer:innen projektweise dazu. Ich halte die Zahl bewusst klein, um alle persönlich begleiten zu können.
Was macht Basalto Collective aus?
PR: Es ist keine Glaerie, sondern eine Plattform. Sie funktioniert teilweise wie eine Galerie, ist aber freier. Ich möchte nicht nur ausstellen, sondern Geschichten erzählen, kollaborieren, Medienarbeit machen, Designer:innen vernetzen und Projekte initiieren. Es geht mir um Sichtbarkeit und nachhaltige Beziehungen nicht um Exklusivität.
Was planst du als Nächstes?
PR: Ich eröffne bis Ende Jahr einen kleinen Showroom in Zürich. Dort werden Stücke zu sehen sein, die gerade nicht Teil einer Ausstellung sind. So haben Designer:innen dauerhaft eine Präsenz und Besucher:innen können die Objekte live erleben.

Gründerin von Basalto Collective Paulina Reséndiz.