Gaetano Pesce: Design, Kunst und Handwerk fliessen ineinander

Nachruf

Gaetano Pesce kann man wahrlich nicht nur als Designer, sondern als visionären Schöpfer bezeichnen. Genauso lautet auch der letzte Satz auf seinem Instagram-Account: «Schweren Herzens geben wir das Ableben des visionären Schöpfers Gaetano Pesce bekannt», steht dort. Der Designer und Architekt aus La Spezia wurde 84 Jahre alt. In den letzten Jahren hatte er mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen.

Die Karriere von Pesce erstreckte sich über Jahrzehnte; und er widmete sich verschiedensten Disziplinen wie Architektur, Stadtplanung, Innenarchitektur, Ausstellungs- und Industriedesign, aber auch privaten Projekten auf allen Kontinenten. Der Künstler wurde mit seinem experimentierfreudigen Einsatz von Farben bekannt, mit denen er auffällige Objekte schuf, seien es Möbel oder Bauten.

Dabei kehrte er die gängige Ästhetik in dieser Zeit immer wieder um und überraschte mit völlig neuen Ansätzen. Diese mutigen Designs brachten ihm Ruhm und Erfolg: Seine Arbeiten sind in Dutzenden von Sammlungen der grössten Museen der Welt vertreten, darunter im Moma, dem Vitra Museum oder im Centre Pompidou in Paris.

Er wurde auch mit Preisen überhäuft: Zu seinen preisgekrönten Entwürfen gehören der renommierte Chrysler Award for Innovation and Design im Jahr 1993, der Architektur und Wohnen Designer of the Year im Jahr 2006 und der Lawrence J. Israel Prize des Fashion Institute of Technology in New York im Jahr 2009.

Ein brauner Stuhl

Pesces Möbel sind unter anderen beim italienischen Möbelhersteller B&B zu finden. 

Der 1939 geborene Italiener wagte mit seinen Werken auch immer einen Ausblick in die Zukunft - das manifestierte sich bereits in den frühen 1960er-Jahren, als er mit der Gruppo N der «italienischen Version von Bauhaus» widmete. Er galt als sehr innovativ und schaffte es wie fast kein anderer, die Grenzen zwischen Kunst, Design und Handwerk zu verwischen. Er sagte: «Kunst ist ein Produkt, sie ist unsere kreative Antwort auf die Bedürfnisse der Zeit, in der wir leben.»

Der italienische Designer war auch fast dreissig Jahre lang Dozent am Institut d'Architecture et d'Etudes Urbaines in Strassburg, an der Carnegie Mellon in Pittsburgh, an der Domus Academy in Mailand, am Polytechnic in Hongkong, an der Architectural School of Sao Paulo und an der Cooper Union in New York City. Dort lebte Gaetano Pesce auch seit den 1980er-Jahren.

Aus seiner Neugierde auf neue Materialien entstand 1969 die Serie «Up» für den Möbelhersteller B&B in Italien, die mit ihren opulenten Formen verblüffte und auch eine politische Botschaft zur Stellung der Frau in der Gesellschaft übermittelte. Aber auch sein Sofasystem «Tramonto a New York», Sonnenaufgang in New York, welches die Skyline der Stadt darstellt, ist legendär. Der Möbelhersteller Cassina legte den Klassiker vor zwei Jahren mit nachhaltigen Materialien wieder auf. Das Sofa gilt auch als Wegbereiter der Memphis-Bewegung. Doch damit nicht genug: Pesce betätigte sich auch in der Mode. Mit seinen Herzstühlen für Bottega Veneta erregte er weltweit Aufsehen. 

Der Sessel «La Mamma» mit seinen «weiblichen Anmutungen» war auch ein politisches Statement für die Rolle der Frau in der Gesellschaft.

Das legendäre Sofa «Sonnenaufang in New York» von Pesce, das Möbeldesign und Kunst miteinander verbindet und von Cassina vor zwei Jahren neu aufgelegt wurde. 

Wer sich die Werke von der italienischen Designikone nochmals anschauen möchte, kann das am Salone di Mobile in der Biblioteca Ambrosiana tun. Die Ausstellung ist kein Nachruf, aber wird durch seinen Tod noch mehr Aufsehen erregen. Dort sind rund 30 seiner letzten Werke zu sehen. 

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