Marianne Brun ist Innendekorateurin und Farbgestalterin, Seline Soder Innenarchitektin und Gestalterin, Nedi Mehmedi Architektin und Patricia Wicky Textildesignerin – und
zusammen sind sie das Architektur- und Designkollektiv Studio Komplett, das mit dem Teppichentwurf «Overlay» 2023 für den Design Preis Schweiz nominiert ist.
Jede von euch blickt auf ihren eigenen Berufsweg zurück. Wie hat alles begonnen?
Patricia: Nedi, Seline und ich lernten uns per Zufall in einem Architekturbüro in Zürich kennen, wo wir alle mehr oder weniger lange arbeiteten. Marianne war schon lange mit Seline befreundet. Da lag es auf der Hand, dass wir uns alle fanden.
Welches waren eure Beweggründe, gestalterisch einen gemeinsamen Weg zu gehen?
Nedi: Durch die Arbeit in dem besagten Architekturbüro lernten wir, wie wir unter Stress funktionieren, wie wir als Menschen ticken. Die Symphatie war von Anfang an da – Liebe auf den ersten Blick sozusagen.
Patricia: Seline war unsere Drahtzieherin und schaute, dass wir immer wieder ein gemeinsames Projekt zusammen stemmten. Wir merkten schnell, dass wir gut zusammen funktionierten – eine gute Mischung aus Toleranz, Loyalität, Zuverlässigkeit und einer ausgeprägten Liebe zur Gestaltung. Dabei könnten unsere Hintergründe nicht diverser sein: drei Nationen, sechs Berufe.
Marianne: Studio Komplett hat meinen Horizont erweitert, der sich nach 25 Jahren Selbstständigkeit als zu beschränkt anfühlte. Ich finde es immer wieder spannend, die verschiedenen Sichtweisen und Herangehensweisen von uns vieren zu erfahren. Ich liebe unseren Austausch.
Für welche Werte steht ihr?
Marianne: Eine unserer grossen Stärken ist unsere Vielfältigkeit. Wir können von Architektur über Innenarchitektur bis hin zum Design und Handwerk alles abdecken. In unseren Kernkompetenzen hat jede in ihrem Bereich jahrzehntelange Erfahrung.
Patricia: Gestalterisch ist uns
wichtig, flexibel und kreativ zu denken und gerne auch mutiger zu entwerfen. Dies kann sowohl in einem Low-Budget-Projekt passieren als auch in einem wertigen Neubau.
Nedi: Zwischenmenschlich ist uns eine ehrliche Kommunikation gegenüber den Kunden wie auch im Team wichtig. Dieser harmonische Einsatz unserer Kompetenzen spiegelt sich in unserem Schaffen wider.
Seline: Durch unsere unterschiedlichen Blickwinkel entsteht eine ganzheitliche Betrachtung. Wir können zurückhaltend und monochrom entwerfen. Bunt und laut macht aber noch mehr Spass. Die Basis unserer Konzepte ist immer auf Langlebigkeit ausgerichtet. Dazu kombinieren wir gerne auffällige Elemente, die nach einiger Zeit ausgetauscht werden dürfen. Dadurch ist es möglich, dass Projekte nachhaltig sind und trotzdem individuell und spannend wirken.
Wie sieht eure Zusammenarbeit heute aus?
Nedi: Wir sind heute eingespielter, auch spontaner. Wir wissen, wo jede von uns ihre Stärken hat. Auch versierter, sicherer, sowohl in unseren technischen Fähigkeiten als auch in unserer gestalterischen Haltung. Und die Projekte werden grösser und intensiver, was die Zusammenarbeit festigt. Wie in jedem Büro müssen aber die Schnittstellen immer wieder besprochen werden.
Ist es Zufall, dass ihr als reines Frauenquartett unterwegs seid?
Nedi: Wir haben uns nicht bewusst dazu entschieden, in der Baubranche sind wir noch immer in der Unterzahl. Das führt dazu, dass man sich gern Verbündete sucht, die gleich ticken.
Patricia: Die Designarbeit von Frauen wird schon seit Langem gefeiert, nur wurden die Designerinnen selbst oft von diesem Erfolg ausgeschlossen. Es ist schade, dass es noch immer notwendig ist, auf die Leistungen von Frauen im Design und der Architektur explizit aufmerksam zu machen, das frustriert oft, sollte gleichzeitig aber auch Ansporn sein, dass sich noch mehr Frauen mit ihren Designs und dem dazugehörigen Wissen selbstbewusst zeigen und auch Raum einnehmen.
Seline: Es gibt wohl nicht das typisch weibliche und männliche Design. Dennoch gibt es Eigenschaften oder Merkmale, die man eher dem weiblichen oder dem männlichen zuordnen kann. Daher sehe ich die Rolle der Frau darin, Frau zu sein, nicht mehr zu zweifeln, ob man das so machen kann oder darf, nicht versuchen, sich den Männern und den vorhandenen Strukturen anzugleichen. Das gilt für die Design- und Architekturbranche genauso wie für andere Lebensbereiche.
«Wir können monochrom entwerfen, bunt und laut macht aber mehr Spass.»
Wie wichtig ist Handwerk in eurem Schaffen?
Nedi: Unsere Entwürfe werden erst durch das Handwerk zum Leben erweckt.
Was ist Schönheit für euch?
Seline: Schönheit berührt einen auf positive Weise, löst gute Emotionen aus. Sie hat nichts mit Perfektion oder Idealen zu tun. Unperfektes macht ein Design spannend.
Nedi: Wir lieben es, wenn Design wandelbar ist und sich an verschiedene Gegebenheiten und Bedürfnisse anpasst. So entsteht ein nachhaltiger Mehrwert, der Spass macht.